Tag 1: Köln – Furtwangen
Unsere erste Reisemobil-Tour mit einem Miet-Mobil. Morgens holte ich den kleinen Pössl bei Reisemobile Berens ab; als absoluter Newbie (in Sachen „richtiges Wohmobil“) erklärte man mir geduldig alle Funktionen von Tempomat über Chemietoiletten-Entsorgung bis hin zu Stromzufuhr („Sie haben ja mit Sicherheit eine Kabeltrommel dabei“ – „ah, ja … klar“).
Einen kurzen Zwischenstopp hatten wir in Bischofsheim geplant, um eine Kirche von Dominikus Böhm aus dem Jahr 1926 zu besichtigen. Der Hausmeister kam dazu, war zunächst etwas irritiert, weil wir uns nicht angemeldet hatten, und verpaßte uns dann eine professionelle Individualführung vom Keller bis in den Dachstuhl … es verging über eine Stunde im Flug, als Preis für diese unglaubliche Besichtigung steckten wir anschließend auf der A5 im Freitag-Nachmittags-Feierabendverkehr, noch 300 Kilometer vor uns …
Hinter Freiburg – den Schauinsland ließen wir rechts liegen – ging es direkt über die Landstraße, am Glottertal vorbei, in den Hochschwarzwald, der uns recht plötzlich aus der Ebene, die wir seit Stunden nicht verlassen hatte, steil entgegenwuchs.
Wer nun (so wie ich) gedacht hatte, es ginge durch beschauliche Täler, der hatte sich geirrt: zügig in Serpentinen bergauf Richtung Furtwangen, Paradies und Hölle für Motorradfahrer vermutlich. Erwähnte ich, daß es schlagartig dunkel geworden war? Der Wald wurde auch immer dichter. Beleuchtung verschwand irgendwann komplett, Mittel- und Seitenstreifen wurden durch eine malerische Natursteinmauer am Rand ersetzt (der Lack ist noch dran, Herr Nowak). Dahinter ging es zeitweise steil hinunter. Um Furtwangen wurde es wieder besser, und ins Linachtal hinein wuchsen uns die Kuhweiden direkt wieder an die Straße heran, ohne Böschung, die Kühe schauen uns praktisch direkt ins Auto.
Die Routenplanung von Google-Maps in Verbindung mit unserem GPS-Empfänger erfüllte ihren Zweck, und gegen 20:30 rollten wir auf dem Michelhof ein, ein einsamer Hof mit eigener, hölzerner Kapelle und Teich. Sehr idyllisch. Ruhe. Dunkelheit. Anmeldung im Restaurant. Unkompliziert werden wir an unseren Platz gewiesen. Dauercamper als Nachbarn, die hier schon 20 (zwanzig) Jahre stehen.
Tag 2: Rund um Furtwangen
Die Nacht: eng und kuschelig in der eigenen Bettwäsche, aber doch etwas kühl. Mit Unterbrechungen und wüsten Träumen doch einigermaßen geschlafen.
Etwas verschlafen öffneten wir die Tür, und – wow. Sonnenaufgang über Nebel und taufeuchten Wiesen. Kuhglocken.
Furtwangen selbst ist ein ziemlich verschlafenes Nest, hat aber eine interessante, moderne Hochschule und das „Deutsche Uhrenmuseum“. Rundherum ist man in wenigen Minuten wieder in den Schwarzwaldtälern. Eins davon führt auf die Martinskapelle, an der die Breg entspringt, die als mündungsfernster Fluß auch als eine der Donauquellen gilt. Die Donau wollen wir in den nächsten Tagen von hier aus bis in die Schwäbische Alb verfolgen.
Tag 3: Schwarzwald – Donautal
Ein echter ruhiger Sonntag, der uns vom Hochschwarzwald entlang der Donau bis zur Schwäbischen Alb bringen soll – zumindest bis zum Donaudurchbruch durch die Alb, eine spektakuläre Landschaft, die ich vor fast 20 Jahren einmal auf der Durchreise erleben durfte und von der ich seither schwärme. Zunächst genießen wir den Morgen am Michelhof, laufen einmal die feuchten Kuhweiden hoch und begrüßen die freundlichen, braungescheckten Damen oben auf der Weide. Der Blick über den Michelhof zeigt die schöne Lage des Stellplatzes nochmal von oben.
Anschließend ging es nach Donaueschingen, zur „einzig wahren“ Donauquelle, der Quelle des Donaubachs, schon seit Jahrhunderten als solche architektonisch eingefaßt und mit allerlei Grußtafeln aus vielen europäischen Ländern versehen, auf denen die Donau in vielen Sprachen als echter europäischer Fluß angesprochen wird. Sehr eindrucksvoll: noch gut 2800 Kilometer bis zum Schwarzen Meer.
Und was passiert kurz darauf in Immendingen? Die Donau versickert wieder und das Flußbett ist trocken! Wir haben alle Infotafeln gelesen, aber warum sie ein paar Kilometer weiter in Tuttlingen plötzlich wieder so viel Wasser hat, habe ich zunächst nicht verstanden – Wikipedia erklärt es mir: es gibt natürlich weitere Zuflüsse, die Wasser bringen, aber die Versickerung taucht ganz woanders wieder auf. Ganz schön zickig, die junge Donau!
Irgendwo hinter dem Donau-Eingang ins Schwäbische endete dann unsere Schwarzwald-Karte, und wir wollten unbedingt weiter bis Beuron im Tal bleiben. Nix da, kurvige Serpentinen gingen steil nach oben, im Gegenverkehr ständig lebensmüde Motorradfahrer … Der Donau durften nur die Radfahrer direkt folgen. Irgendwann wurden wir durch den Blick auf die Benediktiner-Abtei Beuron und den steilen Donaudurchbruch belohnt.
Die Abtei Beuron selbst kann man nicht besichtigen, aber die Klosterkirche ist ein vielbesuchter Pilgerort. In der Klosterbuchhandlung gibt’s alles von Postkarten bis Klosterschnaps und Schinken aus der Klostermetzgerei.
Direkt am Donauufer ein paar Kilometer weiter in Hausen durften wir unser liebgewonnenes kleines Wohnmobil auf einem Campingplatz namens „Wagenburg“ abstellen und genossen die Spätnachmittagsstimmung. Vor uns die Donau, im Rücken die Felsen und obendrauf eine Burgruine. Abends sollte es etwas echt schwäbisches geben, und wir wanderten zu Fuß in eine der beiden Gaststätten am Ort – den „Bahnhof“. Den hatten aber wohl schon die ungefähr tausend Motorradfahrer, die uns in den Serpentinen entgegengerast waren, überfallen, jedenfalls gab es nicht mehr wirklich viel Auswahl – beschränkt sich die schwäbische Küche wirklich auf Maultaschen und Spätzle? Als Vegetarierin wurde es mir jedenfalls nicht leicht gemacht, aber am Ende hatten wir etwas im Magen und wurden satt.
Unser abendlicher Rückweg wurde noch nett unterbrochen: als wir in ein beleuchtetes Schaufenster mit Kunsthandwerk schauten, kam uns der Inhaber Jürgen Matheis (hatte er nicht eben noch auch im Bahnhof gesessen?) an der Tür entgegen, lud uns in die Werkstatt ein und erzählte uns von seiner Arbeit. Neben kunstvoll glasierten Gebrauchskeramiken (Teller, Tassen, tolle Schüsseln, wunderschöne Fliesen …) gab es witzige Figuren und auch höchst originelle Holzschnitzereien, die mit „erotisch“ nur unzureichend beschrieben wären. Die Werkstatt an sich ist schon sehenswert, sehr liebevoll hergerichtet und der Brennofen gleich im Blickfeld. Ein Insider-Tipp (und überhaupt nicht teuer)!
Tag 4: Obere Donau bis Sigmaringen und auf Umwegen nach Hause
Wir hatten ein wenig gehofft, im morgendlichen Nebel am Flußufer aufzuwachen, aber es war erstaunlich warm und nur ein klein wenig neblig. Da Montag war, gab es frische Brötchen vom Bäcker gegenüber (Empfehlung: „Knautscher“, das sind hier die Dinkelbrötchen). Kaffee wieder handgefiltert aus unserem für das Wohnmobil viel zu großen Wasserkocher. Tür auf, Blick auf den Fluß. Nach dem Frühstück versuchten wir noch ein paar weitere Aussichtspunkte über dem Tal zu entdecken, aber die richtige Tageszeit im Donautal ist definitiv der Nachmittag – da steht die Sonne einfach schöner. Dennoch: die Burg Wildenstein, heute eine Jugendherberge, der Eichfelsen und der Rauhe Stein sind auch bei Gegenlicht einen Blick wert.
Weiter ging’s wieder hinab in Richtung Sigmaringen. Langsam wurde unser „Canyon“ sanfter und die Felswände nicht mehr ganz so steil. Und schließlich erhob sich Schloß Sigmaringen über der Stadt und der Donau. Die Kreisstadt ist mehr als einen kurzen Besuch wert – nicht nur Flanieren und Kaffeetrinken, auch Shoppingfreunde kommen nicht zu kurz, hübsche kleine Lädchen laden zum Stöbern ein. Aber wir hatten noch einen langen Weg vor uns und brachen schweren Herzens bei strahlendem Sonnenschein nach Norden auf.
Irgendwo hinter Stuttgart auf der A8 Richtung Karlsruhe sprang mich plötzlich eins dieser braunen Schilder am Autobahnrand an: Weltkulturerbe Kloster Maulbronn. Maulbronn: da war doch was? Hermann Hesse, meine Jugendlektüre … da wollte auch ich immer schon mal hin! Nächste Ausfahrt raus, quer ins Land und nach Maulbronn. Im Ergebnis kann man auch hier nur sagen: unglaublich sehenswert, aber „mal eben durch den Kreuzgang“ kann man sich abschminken, es ist eine riesige Museums-Anlage, schon lange nicht mehr in den Händen der ursprünglichen Zisterziensermönche. 6,50 Euro Eintritt sind sicher gut angelegt, um einen halben Tag dort rumzulaufen – wir hatten diese Zeit aber leider nicht mehr. Wenn man sich die Parkplatzanlagen rund um das Kloster so ansieht, ist es unbedingt empfehlenswert, die Anlage wochentags zu besichtigen, wenn auch nicht unbedingt montags – das Museum hat zwar geöffnet, aber z.B. nicht das vielversprechende Klosterlädchen.
Wochentags ging es danach erstaunlich flott über A5/A3 nach Köln zurück, das wir zu einer recht zivilen Zeit noch erreichten. Ein volles, aber sehr entspannendes verlängertes Wochenende – bestimmt nicht das letzte mit Reisemobil!
Mehr Bilder zur Tour gibt es in vier Alben auf Flickr unter dem Benutzer „Reisen aus Leidenschaft“.
RT @reisemobilisten Die ganze Schwarzwald-Donau-Wohnmobil-Tour im nigelnagelneuen Blog: http://u.nu/5s2d3