Die Kälte sitzt uns allen in den Knochen, aber es ist mal wieder so weit: wir müssen raus aus der Stadt. Da wir in fünf arbeitsfreien Tagen keine Chance auf irgendeine Art von südlicher Wärme haben, wenn wir nicht tausende Kilometer abreißen wollen, stelle ich uns eine kleine thematische Tour im Nordosten Frankreichs zusammen: als Kölner kennen wir wieder mal fast nur unsere eigene Gotik, aber nicht die berühmten französischen Mütter und Geschwister „unseres“ Doms. Also auf nach Metz und dann weiter!
Wir starten mit halbvollem Tank und einem Dieselpreis von 1,45 aufwärts in Köln. Unsere inzwischen beinahe schon liebgewonnene Eifelstrecke über Mechernich Richtung Trier schnurrt unser Pösslchen in gemütlicher und sparsamer Reisegeschwindigkeit ab, so daß wir gegen Mittag in Luxemburg ganz verdient und mit glänzenden Augen für 1,22 Euro volltanken können. In Frankreich sieht’s dann schon wieder ganz anders aus, aber soviele Strecke wollen wir ja gar nicht machen.
Vor uns liegt als Zwischenstopp und Startpunkt einer kleinen Rundtour Metz, eine Stadt, von der wir gerade mal wissen, daß sie eine gotische Kathedrale hat und an der Mosel liegt. Ich so: „was wir alles mal wieder nicht wissen über diese Gegend, peinlich.“ Ray so: „aber dafür sind wir jetzt ja hier“. Wo er recht hat, hat er recht.
Ziemlich viel kommt uns bekannt vor: Römisches Oppidum und Provinzstadt, fränkisch, Karolinger, dann Blütezeit im Mittelalter als freie Reichsstadt, 13 herrschende Patrizierfamilien, gotische Kathedrale, jede Menge Kirchen, Klöster und Stifte … und dann kamen die Franzosen ;-) (OK, das war jetzt die ultrakurze Fassung, und danach kamen die Deutschen, dann wieder die Franzosen, dann die Deutschen – ich glaube heute sind aber die Franzosen am Ruder). Jedenfalls ist die Stadt trotz der ganzen kriegerischen Auseinandersetzungen wunderschön erhalten, die Kathedrale raubte mir den Atem, und der Rest der Stadt: schnucklig. Die Wirte hatten schon die Stühle herausgestellt, aber dazu konnten wir uns – trotz milderen Temperaturen als in Köln – dann doch noch nicht entschließen. Übrigens waren wir ganz kackendreist mit Pösslchen ins Zentrum gefahren und hatten nach kurzer Kurverei einen sehr zentralen Parkplatz am Moselufer für 2,60 pro zwei Stunden gefunden.
Nochmal zur Kathedrale: Zunächst hochbegeistert über das gut erhaltene, helle Eingangsportal, erfahre ich schnell, daß es „nur“ neugotisch ist, einiges sogar erst aus dem 20. Jahrhundert. Naja, der Kölner Dom ist in weiten Teilen ja auch irgendwie … neugotisch <duck>. Wenn man hereinkommt, fallen die Höhe und vor allem die unglaublich vielen Fenster auf. Ausstattung und Besucherandrang halten sich in Grenzen, statt Kirchenbänken einfache schmale Stühle – die Raumwirkung ist eine ganz andere. Der erhöhte Chorumgang kleiner als in Köln, alles etwas schmaler, aber viel offener und zugänglicher, weniger Barrieren und Altäre. Dafür auch ein paar Graffitis mehr in den Steinmauern (die Security hier ist bei weitem nicht so stilvoll wie unsere Domschweizer). Und die Fenster: Hier sieht man eine echte Entwicklung von Mittelalter bis in die Moderne – und ja, es gibt auch moderne Kirchenfenster, die nicht aus Pixeln bestehen und trotzdem nicht gegenständlich sind, wer hätte das gedacht! Einige Fenster sind übrigens von Marc Chagall.
Tagesziel ist Verdun, in dessen Umgebung ich zwei Stellplätze ausgeguckt hatte, die „vor“ einem womöglich noch geschlossenen Campingplatz liegen sollten. Wir brauchten trotz Navi und Beschilderung ein paar Anläufe, um aus Metz die richtige Richtung zu finden, und landeten dann auf der Landstraße. Das war die bessere Wahl (statt „Péage“ auf der Autobahn), aber die Anzahl der Kreuze, Soldatenfriedhöfe und Mahnmale am Straßenrand und auf den weiten, hügeligen Feldern geben uns eine kleine Vorahnung von dem, was uns morgen erwartet.
Bonzée, ein Kaff 10 Kilometer vor Verdun sollte es stellplatztechnisch sein, aber die nette Dame an der Rezeption des „Base de Loisirs de Colvert“ war noch völlig ohne Strom und Wasser und schickte uns nach Verdun weiter. Hier stehen wir jetzt auf den Camping de Breuil, der „eigentlich“ auch erst am Montag aufmacht, aber voller freundlicher Menschen ist, von denen einer es sogar auf Englisch mit uns versuchte. Infrastruktur: alles was das Herz begehrt (außer WiFi) für 16 Euro. Wir geben übrigens der Europasim-Karte noch eine Chance, die 100 MB für 2,50 Euro pro Tag (egal in welchem Land) rausrückt. Danach wird es allerdings schnell teuer, wie wir ja schon in der Ukraine gemerkt hatten. Mal sehen, wie weit wir diesmal kommen, ohne die Guthabenkarte leerzusaugen … (Watchdog wacht über den Traffic)
Der Einkauf im Cora-Supermarkt hat uns neben der obligatorischen Abräumorgie an der Käsetheke einen schweren Roten beschert. Tiefdunkel, fast schwarz im Glas, erdig, für meinen Geschmack ein bißl zuviel Cabernet drin. Wird uns aber mit Sicherheit einen guten Schlaf verschaffen ;-)
Ich finde es schade, dass man solch eine Kathedrale mit Graffiti verunstaltet. Der Sicherheitsdienst sollte seine Arbeit mal überdenken. Für Gläubige wie mich ist das leider sehr schade.