Möglicherweise erwähnte ich es in den letzten Jahren bereits auf diesem Blog, aber es gibt nur zwei Möglichkeiten, den Kölner Karneval mit Anstand zu überstehen: entweder Du machst mit, oder Du verläßt die Stadt. Dableiben und möckern gilt nicht. Das Wetter war eigentlich vielversprechend, keine Gefahr eingefrorener Leitungen oder kaputter Wasserhähne wie letztes Jahr noch Ende März in der Champagne, also hieß es am Morgen des Weiberdonnerstag: nichts wie raus aus der Stadt. „Eine (uns) völlig unbekannte Kulturlandschaft vor der Haustür“ – wir haben uns die belgische Region Namur ausgeguckt. Dinant soll ja allerliebst an sein schmales Ufer gemalt sein, und rundherum locken Burgen und die Maas – Ihr wißt schon, die mittelalterliche Rhein-Maas-Connection hat es uns angetan.
Pösslchen wiehert vor Freude, daß er endlich wieder losdarf. Die zweieinhalb Stunden werden verkürzt durch einen ausgedehnten Großeinkauf im Carrefour (Hallo Jo!), und dann sind wir in Nullkommanix auf dem einzigen Campingplatz der Region weit und breit, der im Internet als „nicht geschlossen“ zu recherchieren war. Mit klassischen Stellplätzen sieht es hier nämlich recht mau aus, und mit der neu angeschlossenen Zweit-Batterie sowie leerem Wassertank brauchen wir erst mal eine Nacht Infrastruktur, bevor wir Pösslchen wieder in die Autarkie rauslassen.
Der Platz heißt „Camping de Durnal – Le Pommier Rustique“ und beherbergt offenbar vor allem Dauercamper. Allerdings gibt es einen offenen Bereich, wo man sich mit dem Wohnmobil („als Durchreisender“) inkl. Strom unkompliziert abstellen soll („installez-vous“), der Patron kommt dann irgendwann kassieren.
Der Blick auf die Umgebung ist nett, wenn es nicht in Strömen gießen und ziemlich winden würde – das redet man sich bei 4° C dann auch nicht mehr mit „leichtem wallonischem Landregen“ schön. Der Spaziergang im Dorf am Abend sorgt wenigstens für gutes Frühstück – zwar keine Bäckerei wie erhofft, aber ein Verkaufsautomat für Brot – clevere Idee! Wir versorgen uns für 2,50 mit einem großen, bereits in Scheiben geschnittenen Brot fürs Frühstück.
Frühmorgens lacht uns die Sonne an und ich sehe blauen Himmel – nach dem Frühstück ist es wieder bedeckt, aber wenigstens trocken. Der Patron mit Hund kommt vorbei und kassiert 15 Euro (Normal wären wohl 22 Euro, aber Jacuzzi und Sauna sind ja grad nicht in Betrieb …) und auf geht’s Richtung Dinant, das nur noch wenige Kilometer über Land entfernt liegt – und leider immer noch (war wohl im Sommer 2013 schon so) eine einzige Baustelle ist. Die Idylle muß man sich leider etwas imaginieren, erst recht an einem so grauen Tag. Was einem allerdings ins Auge springt, ist der große Sohn der Stadt: Adolphe Sax bzw. sein Instrument an jeder Hausecke. Wir spazieren durch die aufgerissene Stadt, besichtigen die Kathedrale und gönnen uns zu Mittag echte belgische Frites in einer sehr „klassisch“ aussehenden Snackbar, die als Gegenteil von touristisch daherkommt.
Wir orientieren uns Richtung Süden, wo es in der Nähe einen Naturpark namens „Furfooz“ gibt, mit Felsenhöhlen, Löchern und Römermauern. Auf dem Parkplatz soll man auch „geduldet“ mit dem Womo übernachten können. Das ist dann mal wirklich einsam – es gibt eine Eintrittsbude, und für die Rundwanderung muß man normalerweise auch bezahlen – ab 1. März, heute ist der 28. Februar. Bei dem restlichen Infotext versagen ganz plötzlich meine Französischkenntnisse und wir machen uns einfach mal durch das offene (!) Törchen auf den Weg nach oben. Das lohnt sich wirklich – und wenn es sonniger und weniger flutschig gewesen wäre, hätten wir auch die ganze Rundwanderung gemacht, aber so beschränken wir uns auf das Hochplateau mit Blick auf den Fluß Lesse, eine Bahnlinie und die wildromantischen Felswände.
Als Übernachtungsplatz ist der Parkplatz für uns weniger geeignet, er liegt sehr schräg, ich glaube kaum, daß wir das mit Keilen hingekriegt hätten. Dann müssen wir halt improvisieren. Nach einer kleinen Runde entdecken wir auf der anderen Seite des Flusses, beinahe gegenüber der Steilwand, einen Kajak-Verleih und -Landeplatz mit großem, gepflegtem Parkplatz, theoretischer Toilettenanlage (leider vandaliert und verdreckt) und keinem Menschen weit und breit. Kein Sperrschild, kein „proprieté privé“-Schild – nur ein idyllischer Platz direkt am Fluß. Das ist doch mal was, beinahe ein Geheimtipp. Schräg gegenüber liegt der Campingplatz „Paradiso“, der aber ebenfalls geschlossen hat und nach Dauercamper aussieht. Ich vermute mal, daß hier im Sommer die Hölle los ist, aber im Moment sind wir ganz für uns.
Samstag begrüßt uns mit inzwischen gewohnt grauem Himmel, und das wird auch nur für wenige Minuten anders – immerhin reicht es für ein ordentliches Foto von Château Vêves, das wir mehrfach umkreisen. Das nahegelegene Château Noisy ist verführerisch – ein Lost Place mit großartigem Blick auf Château Vêves, aber die Zäune, „Privé“-Schilder, Videoüberwachung am verschlossenen Eingangstor und Berichte im Internet über Schüsse auf illegale Besucher dieser verfallenen und vom Abriß bedrohten Schloßanlage schreckten uns dann doch ab. Ich hoffe, das französische Pärchen, mit dem wir uns am Tor kurz austauschten, hat es überlebt.
Via Dinant (etwas heller als gestern) zieht es uns nach Bouvignes in das Maison du Patromoine Medieval Mosan, also das Museum für das maasländische Kulturerbe. Schnuckeliger historischer Ortskern direkt nebenan von Dinant, didaktisch sehr liebevoll aufbereitetes Museum mit Modellen, Multimedia, viel Zeug zum Anfassen auf drei Etagen, aber nicht ganz das, was ich mir vorgestellt hatte – fast keine „echten“ Ausstellungsstücke, mehr so das Programm für Schulklassen zum Thema „wie lebten die Menschen im Mittelalter“.
Nachmittags schlagen wir einen kleinen Kreis über potentielle Camping-/Stellplätze für die Nacht, aber nichts überzeugt: das eine eine geleckte Ferienhaussiedlung wie aus dem Katalog, das andere ein abgewrackter und auch noch geschlossener Dauercamperplatz, das dritte nur eine Art Übernachtungshütte in der Pampa (hier muß Ray bei Open Street Map mal aufräumen …). Also wieder mal autark, wir entscheiden uns für Hastière, einen Platz direkt hinter der romanischen Abteikirche, die wir nachmittags schon besucht haben. Der Ort: „Vergane glorie“ wie die Holländer sagen, viel Leerstand, ein paar urige Kneipen und ein Markt, mittendurch die Maas und ein paar Kletterfelsen in der Nähe. Aber gutes Netz und freundliche Menschen.
Der Sonntagmorgen empfängt uns neblig und wir ziehen Richtung Abtei Maredsous, die man uns noch ans Herz gelegt hatte – anscheinend die Touristenattraktion mit den fünftmeisten Besuchern in der Wallonie. Und, ich habe nicht mehr dran geglaubt: je weiter wir nach oben kommen, umso mehr verzieht sich der Nebel (wo war bei Pösslchen gleich noch mal die Nebelschlußleuchte?) und es öffnet sich der BLAUE HIMMEL!!!elf Die Stimmung und die Fotofrequenz steigt gleich um 150%, Licht und Farben ändern sich, und der Rest des Tages bietet noch eine schöne Strecke mit An- und Aussichten.HIer noch mal alle Fotos des Trips als Galerie:
Auch einen potentiellen Stellplatz fürs nächste Mal haben wir noch entdeckt. Schade daß wir morgen früh in Köln einen (nicht karnevalistischen) Termin haben, aber wir mäandern noch gemütlich die Maas bis Huy wieder hoch, wo wir letzten Sommer auf der Fahrt nach Paris am Ufer übernachtet hatten. Dort eine letzte Portion Frites, und ab auf die Autobahn nach Hause.
Noch eine Region, „die wir bestimmt noch mal besuchen müssen“ (die Liste wird länger).
hi Schatzi,
nette Story und coole neue Features (Bildergalerie).Wir haben hier in Holland noch einen leicht nieseligen Tag vor uns, bevor es morgen wieder in’s Alaaf freie Köln geht.
LG Jo