Der Jobstreß hat uns komplett im Griff, die Überstunden häufen sich, und es wird nicht besser. Wir fliehen zu einem halben Erholungs- und Arbeitswochenende in die Eifel, um vor dem Winter den Kopf nochmal durchgepustet zu kriegen und vielleicht ein paar Sonnenstrahlen für die Serotonine zu speichern. Auch wenn das Wetter nur solala ist, Hauptsache raus aus der Stadt, genau dafür haben wir das Pösslchen ja.
Die Eifel liegt vor der Haustür, und schon lange wollen wir die „Zumthor-Kapelle“ ansehen, die „in der Eifel irgendwo auf dem Feld“ liegt. Keine Stunde entfernt finden wir sie – offiziell heißt sie „Bruder-Klaus-Kapelle“. Es gibt doch einige wenige Besucher bei dem stürmischen Nieselwetter, aber die Dixieklos auf dem Parkplatz lassen vermuten, daß bei schönem Wetter durchaus die Massen da hochpilgern. Zumthor hat Fichtenstämme wie ein Tipi als Verschalung aufgestellt, drumherum den Zement aus heimischen Flußkieseln und rotem und gelbem Sand aufgeschichtet, und dann innen drei Wochen lang bei kleiner Flamme das Holz abgeflammt. Ein leichter Brandgeruch scheint immer noch in der Wand zu hängen … Ray grummelte zwar, weil weit und breit kein blauer Himmel zu sehen ist, aber ich genieße wieder mal die Freuden der Festbrennweite.
Stellplätze gibt es reichlich in der Gegend, aber doch meist nur Parkplätze an irgendeinem Schwimmbad, nicht ganz unser Fall. Nettersheim lockt mit einem „Wohnmobilhafen“ für 30 Fahrzeuge und klingt vielversprechend gemütlich. Wir kommen spätnachmittags an und finden ein knappes Dutzend Womos vor, alles sehr entspannt, 8 Euro in den Parkautomaten, Stromflat ganz ohne Freischaltung, Brötchenservice am nächsten Morgen. Im Rücken ein Berghang, vorne ein asphaltierter Waldweg, darunter läuft die Bahnlinie Köln-Trier und noch weiter unten die Urft entlang (das ist ein Eifel-Flüßchen). Ver- und Entsorgung ist vor dem Platz etwas separat, nett gemacht, ein Euro für einen knappen halben Tank voll Frischwasser.
Am nächsten Morgen bläut der Himmel wider Erwarten schon in den Morgenstunden. Brötchen kommen um 7:45 pünktlich angehupt, lecker Kaffee, Schuhe an und raus. Den dreistündigen Eifelwanderpfad sparen wir uns, aber das römische Heiligtum auf dem Hübbel nebenan hat sich gelohnt. Ein Matronenheiligtum! Hier wurden den Mutter- und Fruchtbarkeitsgöttinen Opfer gebracht, möglicherweise schon bevor die Römer kamen, aber die fanden es toll und haben den Kultu übernommen. Kluge Römer …
Dann setzen wir uns aber doch ins Auto und fahren nochmal zurück nach Kommern, um das gute alte Freilichtmuseum zu besichtigen. Das Wetter bleibt sonnig und es gibt wunderbare Fernblicke übers Tal, fast bis Köln. Ich erinnere mich von Schulausflügen vor 35 Jahren dunkel an kleine Hütten mit kurzen Betten, weil „die Menschen waren kleiner damals“, aber was uns hier erwartet ist ziemlich überwältigend. Sehr moderner Museumskomplex, mehrere Baugruppen des Rheinlands über ein riesiges Gelände verteilt und top-gepflegter Zustand. Zusätzliche Museumsgebäude bringen historische Ausstellungen wie „Wir Rheinländer“ – beeindruckend, das hatten wir wirklich nicht erwartet. Tiere überall, anscheinend alte Rassen, dazu auch vor fast jedem Haus Gemüsegärten, in denen wirklich etwas angebaut wird. Und freundliche Eifeler Menschen allüberall.
Im Gasthof gibt es Sauerbraten mit Klößen und Rotkohl und für mich einen Eifeler „Murrepott“ – genau das, was Ihr jetzt denkt. Njam. Den nieseligen und dunklen Nachmittag nutzen wir schön zum Einkaufen und stellen uns dann wieder in Nettersheim auf den Platz, um noch ein wenig unsere Todolisten zu verkürzen. Morgen geht’s wieder nach Hause, die Stadt ruft mit Einkaufszettel und langer Museumsnacht.
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da beneide ich euch um’s kuschelige WE. Das nächste mal komm ich mit! Vom Freilichtmuseum habe ich nur gehört, würde ich mir gern auch mal anschauen.
…und die Detailfotos…mal wieder schöön.