Gordes – Abbaye St. Hilaire – Oppède le Vieux
Geduscht, geschwommen, Libellen fotografiert, Blick auf die von den letzten Sonnenstrahlen beleuchteten Felsen über der Quelle von Fontaine-de-Vaucluse. Die Zikaden legen sich langsam zur Ruhe, der Fluß rauscht … alles ist gut, wir sind wieder „daheim“.
Der Tag war gut: Gordes weckt uns mit seinem Markttag, und wir gondeln in den Morgenstunden noch ein wenig durch das Dorf. Markt ist natürlich einerseits immer schön, andererseits: kennst du einen, kennst du alle. Wir erkennen die Händler von Sonntag aus Isle-sur-la-Sorgue wieder. Trotzdem können wir natürlich nicht ohne größere Ausgaben in Sachen Käse und Schinken den Ort verlassen.
Ein kurzer Besuch in der Kirche schockiert uns: der Ort ist wirklich wohlhabend, Touristen ohne Ende, französische High-Society und teure Hotels rundum, Immobilienbüros von Sothebys, wie erwähnt – aber das Innere der Kirche ist einem bemitleidenswerten Zustand. Säkularisierung hin, Säkularisierung her – wie man hier das kulturelle Erbe, das doch im Grunde den Kern des touristischen Erfolges ausmacht, verfallen läßt, ist traurig, um nicht zu sagen skandalös. Aber solange die Kasse klingelt … im Moment schlagen die chinesischen Touristengruppen die russischen um Längen.
Wir schlagen eine Schleife über Apt mit vorsichtigem Einkauf im Léclerc (wie wollen den Kühli nicht überfordern), um uns dann an der Kante des Luberon die kleineren Straßen entlangzumäandern: Bonnieux, die Abtei St. Hilaire, Ménerbes, Oppède le Vieux. Alles Orte, die ich zur Abwechslung noch nicht kenne, und die wir rein nach Lage und den netten Symbolen auf der Landkarte ausgewählt haben. In der Nähe von Bonnieux überspannt die Pont Julien, eine über 2000 Jahre alte Römerbrücke, den Fluß Calavon, von dem im Sommer aber nur ein paar kleine Froschtümpel übrig sind. Hier gibt es einen fuschneuen Parkplatz mit Öko-Trocken-WC-Anlage, wo man im Frühjahr oder Herbst (sprich: bei weniger Hitze) gut übernachten könnte. Die Bäume müssen noch ein wenig, bis sie Schatten spenden können. Apropos Froschtümpel: während Ray die Brücke fotografiert, schmeiße ich mich in vollem Ornat ins trockene Flußbett, um den kleinen, durstigen Fröschlein auf die Pelle zu rücken. Man fragt sich, was sie machen, wenn die letzten Tropfen Wasser auch noch verdunstet sind …
Bei Bonnieux belassen wir es ebenso wie bei Ménerbes mit einer Durchfahrt, nehmen aber den Abzweig zur Abbaye de Saint-Hilaire. Nennen wir es Instinkt, oder den dringenden Wunsch, den gestrigen Massentourismus hinter uns zu lassen, und hier wurden wir belohnt. Oberhalb der kleinen Karmeliterabtei ein enger kleiner Parkplatz (kein Overnight Parking), optimal für Siesta, aber breiter als zwei Meter sollte das Womo wirklich nicht sein. Ameisen schleppen uns emsig ganze Käsebröckchen von der Isomatte weg, und wir gehen gestärkt die 350 Meter ins Tal hinunter, wo an einer Felswand, von Terrassen umgeben, St. Hilaire liegt. Still. Kein einziger Mensch weit und breit. Privatbesitz und rundum offen, Eintritt frei, mit der Bitte um 2,50 Euro Spende für die Restaurierung. Eine Wohltat mit weitem Blick auf den Luberon, Olivenhainen, weinumrankten Säulengängen, Felsgrotten und einem mühsam restaurierten Fresko in einer Seitenkapelle. Seit den 60er Jahren in der Hand einer Familie, die die Restaurierung engagiert vorantreibt, inzwischen wohl auch mit Hilfe der staatlichen Denkmalpflege.
Gestärkt von diesem Kraftort ziehen wir weiter, und bei Oppède le Village biegen wir spontan Richtung Oppède le Vieux ab, wo uns immerhin ein recht großer Parkplatz mit 5 Euro Gebühren fürs Womo (man könnte hier wohl übernachten) begrüßt. Eine große, terrassierte Gartenanlage führt uns gemütlich bergauf zum alten Dorf, wo wir aufs Neue angenehm überrascht werden: ein geschmackvoll restauriertes Dörfchen, in dem noch richtig Menschen leben, wenn auch wenige, Spielzeug liegt auf dem Dorfplatz herum und kein einziges Souvenirgeschäft mit Lavendelkissen. Etwas Gastronomie, handgemachtes Eis zur Erfrischung, und schmale Pfade führen zu Kirche und Burgruine hinauf. Nicht ganz menschenleer hier, aber weit entfernt von dem Massentourismus in Gordes. Das Dorf war wohl fast vollständig verlassen, erst nach dem letzten Weltkrieg zogen wieder Menschen zu, und man tut inzwischen einiges für die Restaurierung und den Erhalt. In der Kirche ist einiges zu tun, ich unterhalte mich mit der dortigen „Wächterin“ über die Finanzierung: Vieles läuft über regionale Fonds und die Gemeinde, ein wenig kommt aus Paris, aber ein nicht unwesentlicher Brocken kommt auch von einer einzelnen Person, die einmal im Jahr ein Benefiz-Festival auf die Beine stellt, bei dem die Gewinne in die Denkmalpflege gehen. Sehr lobenswert. Wir unterhalten uns kurz über die Kirche in Gordes, und sie meint zu meinem Unverständnis: „das fällt allen Besuchern ins Auge, und keiner versteht, warum das dort so ist“.
Nach diesen beiden Highlights der Vaucluse, man möchte fast „Geheimtipps“ sagen, zieht es uns endgültig zurück nach Fontaine-de-Vaucluse; wir wählen die Route touristique, die uns über Lagnes, das wir ja schon erwandert haben, zurück in unser Nest führt. Madame Sandrine vom Campingplatz empfängt uns nur wenig überrascht und grinsend, unser Platz, der eigentlich erst ab morgen wieder reserviert ist, ist noch frei.
deine neue “Liebe” zu Krabbeltieren ist faszinierend. Ich will auch so schön fotografieren können. Am Equipment kann es nicht liegen. Change User :-(
JO
Liebster Jo, in dem Fall glaube ich ausnahmsweise, daß es doch am Equipment liegt, ein gutes Makro, das ich von meinem Papa „geerbt“ habe und hier erstmals exzessiv einsetze, erlaubt schon etwas näher ranzugehen. Da gibt es aber auch noch einiges zu lernen – grade wo man sich an die Offenblende bei den Festbrennweiten gewöhnt hat, muß man im 30cm-Abstand die Blende wieder ganz zu machen, um nicht nur die Augen des Monsters scharf zu haben … und dann verwackelt man auch schnell.