Nachdem wir uns bisher immer nördlich vom Luberon aufgehalten hatten, nehmen wir uns heute den Süden des Luberon vor. Die Überfahrt ist wider Erwarten kein typischer Pass, sondern Serpentinen durch diverse kleinere Felsschluchten. Die Landschaft ist nicht so eben wie auf der Nordseite, und man kommt recht schnell zum Fluß Durance, der den bis in den Norden des Luberon allgegenwärtigen Kanal von Carpentras speist, eine wichtige Quelle für die Wasserversorgung vor allem der Landwirtschaft. Auch das Aquädukt bei Fontaine-de-Vaucluse ist ein Teil dieses Kanals.
Zwei Orte interessieren uns vor allem: Lourmarin und Mérindol, zwei Dörfer, die Anfang des 16. Jahrhunderts durch Waldenser – eine frühe protestantische Glaubensgemeinschaft – besiedelt waren, und die 1545 durch ein Massaker in diesen und weiteren Dörfern in die Geschichte eingegangen sind. Die Dörfer wurden gebrandschatzt, die Menschen zu Tausenden getötet und die Überlebenden als Ketzer verbrannt. In Schutt und Asche gelegt wurde im Jahr zuvor übrigens auch die berühmte Abbaye de Sénanque, und zwar wiederum von den Waldensern … einfach ist das nicht mit der Geschichte der Religionskriege, kommt natürlich noch dazu, daß Teile der hiesigen Region um Avignon mehrere Jahrhunderte gar nicht zu Frankreich im engeren Sinne, sondern zum päpstlichen Machtbereich gehörten. Erst mit der Revolution 1791 wurden viele Orte hier „französisch“.
Heute ist auf Anhieb wenig von dieser speziellen Geschichte in den beiden Orten sichtbar, natürlich wurden die Dörfer später wieder besiedelt und sind heute – vor allem Lourmarin – blühende kleine Touristen-Örtchen, durchaus geschmackvoll und nicht überlaufen. Bei Mérindol gibt es ein „vieux village“ und ein kleines Infozentrum, in Lourmarin steht die größte protestantische Kirche („temple“) in der Vaucluse.
Aber genug von diesen historischen Horrorgeschichten, ich biete Euch heute zur Abwechslung noch ein paar echte Klischeebilder des französischen Südens.
Aber ganz ersparen kann ich Euch natürlich auch nicht meine Makroversuche, nachdem Ray schon die frischgeschlüpfte Zikade praktisch vor die Füße gefallen ist. Sie sind allgegenwärtig durch ihre Dauerbeschallung und als Deko jeglicher Form in den Souvenirläden, aber außer den trockenen Larvenhüllen kriegt man sie, wenn sie einmal auf den Bäumen sitzen, ums Verrecken nicht mehr zu Gesicht. Außer frisch der Larve entschlüpft. Also als Baby. Wir begleiten die junge, beinahe noch transparente Zikade auf ihrem Weg zum Baum. Und weg war sie …