Reste von Sonne in Bayeux und eine spontane Planänderung

Wetterberichte. Haben mich eigentlich nie groß gekümmert, andererseits haben wir auch oft sehr viel Glück mit dem Wetter gehabt – die letzten Jahreswechsel in Nordfrankreich waren stets wetterstabil – kalt schon, aber klar und größtenteils sonnig. Neuerdings haben wir diese DWD-Warnwetter-App auf dem Smartphone, wo man auch so Satellitenprojektionen von Wolken- und Regengebieten bekommt, auch europaweit. Und wir sahen es diesmal also seit Tagen kommen: das breite, dunkle Regenband, das sich von Nordwesten über die Bretagne, Normandie, bis hin nach Deutschland ausbreitete. Und nach dem einen, das dann durch war (puh) kam gleich das nächste.

Nachdem wir uns also auf der absolut empfehlenswerten Ferme de la rouge fosse „installiert“ hatten (sagenhafte 5 Euro die Nacht für Parzelle mit VE + Stromflat!), planten wir eigentlich, 2-3 Nächte hier zu bleiben, um zunächst Bayeux mit seinem Teppich in einem Tagesausflug und dann den nahegelegenen Omaha Beach + Pointe du Hoc, wo die Wehrmacht sich verschanzt hatte zu bewandern. Plus ein paar Soldatenfriedhöfe; was man sich an der normannischen Küste halt so ansieht, bevor es weiter die Küste rauf geht und man sich den Wagen mit Calvados und Cidre für die Freunde zuhause vollpackt.

Bayeux klappte nach der ersten Nacht auch noch ganz gut. Die Kathedrale erreichten wir zwar in strömendem Regen, aber als wir rauskamen, schien schon wieder die Sonne.

Dasselbe nachmittags, als wir mit offenem Mund die berühmte, fast 70 Meter lange Stickarbeit entlangwanderten. Fast 1000 Jahre alt! Die englische Erbfolge und den Ablauf der Schlacht von Hastings kriege ich aber immer noch nicht auf die Reihe. Dafür wieder mal die verblüffende Erkenntnis, daß der „Teppich“ vermutlich nur deshalb so gut erhalten ist, weil er grade nicht mit besonders wertvollen Materialien, sondern einfachem, aber in der Wolle qualitätsvoll gefärbtem Garn  gestickt wurde – mit goldgewirktem Garn wäre er längst in Stücken geplündert, geklaut und verscherbelt worden. Und daß die mittelalterlichen Originalgarne sich farblich besser erhalten haben als die aus dem 19. Jahrhundert … 

Teppich von Bayeux
Ich hab’s ja eigentlich gar nicht so mit Textilkram, aber das muß man echt gesehen haben. (Foto von Wikipedia, Public Domain, weil Fotoverbot)

Neben dem britischen Soldatenfriedhof und Normandieschlacht-Museum (gibt’s hier weit mehr als eins) liegt noch ein interessantes Terrain: Die weltweit einzige Gedenkstätte für Reporter, die in Ausübung ihres Berufs zu Tode kamen. Für jedes Jahr ein Stein mit den entsprechenden Namen. Ein einzelner Stein für Robert Capa, und ein für sich selbst sprechendes Kunstwerk für diejenigen, die vermisst sind. Als ambitionierte Hobbyfotografen, die so semi-journalistisch unterwegs sind, lief es uns kalt den Rücken runter.

Überhaupt Robert Capa. Ist in der blutigen Normandieinvasion mittendrin. Macht 106 Aufnahmen auf sechs Filmrollen. Bringt sie sicher nach Hause. Läßt sie entwickeln. Und das Labor versaut sie, so daß am Ende nur die berühmten 6 Fotos übrig bleiben, die dann in der LIFE veröffentlicht wurden. Er selbst hat es überlebt, bis er in Indochina auf eine Mine trat.

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Zurück auf den Platz. Wir überlegen, im Anschluß nach Omaha Beach Silvester nach Gatteville-le-Phare zur fahren und uns dort mit Blick auf den Leuchtturm mit Pösslchen ganz einsam den Gezeiten auszusetzen.

Die zweite Nacht in Englesville lehrt uns Besseres. Sturm, Regen, es rumpelt und wackelt die ganze Nacht. So wird das nix. Nach dem Kaffee werfen wir noch mal einen Blick auf den Regenradar, ein frustrierender Anblick. Egal, ob man die DWD-App oder den Méteo France  befragt, die nächsten Tage – fast die ganze nächste Woche – werden düster, naß und stürmisch. Kein Lichtblick weit und breit, weder Westen noch Osten. Mit der Fähre nach England rüber? Auch alles dicht. Auf die Kanalinseln übersetzen? Zu. Wo hören die Wolken auf? So auf Höhe La Rochelle oder noch besser Bordeaux an der Atlantikküste. Rund 400 km. Wir haben noch eine Woche. Alternativen? Nach Hause fahren und zuhause eine Woche aufs Sofa? Keine Option. Also packen und los. Omaha Beach und der Leuchtturm müssen aufs nächste Mal warten.

Wohnmobil La Rochelle Ile de Ré
Angekommen

Und jetzt? Stehen wir auf der Ile de Ré gegenüber La Rochelle mit Blick auf Atlantik und den Austernstrand. Heizung ist aus, 12,5°C draußen und sternklarer Himmel. Hier können durchaus noch noch ein paar dunkle Wolken durchziehen morgen oder übermorgen, aber die ganze Atmosphäre ist eine andere. Jetzt müssen wir uns nur im Kopf neu sortieren, aber Pösslchen gefällt es schon mal.  Mal sehen, wohin die nächsten Tage uns führen!

 

3 Kommentare

  1. lese seit tagen ihren block. auch wir waren im vergangenen jahr hier oben in der normandie. auch wir überlegte zu hause sofa und sich langweilende kids oder raus mit dem womo und was anderes spannendes und sponatanes erleben. auch wir wurden diese nacht in dieppe (gleicher sp) durch gerüttelt. heute vormittag aber sonnenschein und trocken und durch dieppe gebummelt.
    ja an die alternativ suedwest frankreich habe wie auch gedacht (da wir in den herbstferien dort oft sind) aber für eine woche etwas weit. lacanau ist aber an silvester auch imposant aufgrund des stabilen milden klimas. nun ja wenn wir irgendwann nicht mehr von den schulferien abhängig sind. lg trudchen

  2. Liebes Trudchen, danke für Deinen Zuspruch! Ja, die letzen Jahre haben wir auch sehr viel Glück mit dem Wetter gehabt, es war immer stabil im Norden. Diesmal haben wir das Glück, zwei volle Wochen unterwegs sein zu können, und das Gas scheint bis jetzt auch zu reichen ;-), das macht uns etwas flexibler. Beste Grüße und guten Rutsch!

  3. liebe elke, habe gerade euren blog über die champagne gelesen. als wir in den herbstferien auch von bordeaux ins rheinland zurückkehren mussten sind wir quasi diagonal bis reims nationalstrassen gefahren (keine maut und zeitlich identisch wie wenn wir pereferique de paris uns angetan hätten) mit zwischenstopp in epernay vor reims. hatte sich absolut gelohnt. die champagne werden wir an den verlängerten wochenenden im mai/juni ansteuern, da es über lüttich bis kurz hinter reims an die marne nicht allzu weit ist 👍. guten rutsch und alles gute und besonders schöne reisen in 2018. lg trudchen

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