Nachdem wir den Mont Saint Michel in aller Frühe verlassen hatten, machten wir uns nach dem Frühstück in Richtung Saint Malo auf den Weg. Im dichten Nebel schlichen wir über die Landstraße in’s Landesinnere um über Pontorson die N176 (E401) zu erreichen. Sie sollte uns zur Korsarenstadt führen.
Die Stadt Saint-Malo (bretonisch Sant-Maloù) liegt an der Nordküste der Bretagne im Département Ille-et-Vilaine. Berühmt ist sie wegen ihres historischen Stadtkerns und ihrer Festungsanlagen. Die gesamte Altstadt ist von riesigen Mauern umgeben. Dieser Teil nennt sich “Intra Muros” (latein = innerhalb der Mauern). Wenn man in Sichtweite der Altstadt ist, weiß man warum hier Piratenfilme gedreht wurden. Blendet man den Rest drumherum aus, würde man sich nicht wundern wenn immer noch Piraten drin hausen würden. Mit Recht ist sie einer der meistbesuchten Touristenorte Frankreichs.
Obwohl Saint Malo bei der Invasion der allierten Truppen 1944 stark zerstört wurde, sieht man es der Stadt nicht an. Sie wurde später nach alten Plänen originalgetreu wiedererichtet. Aufgrund seiner besonderen Historie und der herausragenden Lage sind die Bewohner von St. Malo ein besonders stolzes Völkchen. Ihr Wahlspruch lautet heute noch: “Ni Français, ni Breton, Malouin suis“ (weder Franzose, noch Bretone, Einwohner von Saint-Malo bin ich). Also noch eine Stufe weiter als die sowieso schon leicht separatistisch eingestellten Bretonen. Nenne niemals einen alt eingesessenen Bretonen einfach einen Franzosen, das könnte schnell zu Mißstimmigkeit führen.
Mit ca. 52.000 Einwohnern ist St. Malo keine Großstadt. Man kann sie bequem an einem Tag besichtigen. Die Industriebetriebe befinden sich glücklicherweise alle “extra muros“, also außerhalb der (Stadt-)Mauern, so daß der einmalige mittelalterliche Charme nicht gestört wird.
Zur Einstimmung hier ein Bild aus der Wikipedia, das die Altstadt mit ihren beeindruckenden Mauern als Panorama-Foto zeigt. Man kann es auch per Klick als riesiges Panoramabild öffnen (5.680 × 800 Pixel groß).
Vielen Dank an den französischen Fotografen Galagorn, der das Bild frei zur Verfügung stellt.
Sicht auf Saint-Malo bei Ebbe; links das (bei Ebbe mit dem Festland verbundene) Fort National, rechts der Weg zu den Inseln Grand Bé und Petit Bé
Unser Besuch in der Korsarenstadt:
Wir parkten unser Wohnmobil außerhalb der Stadt auf einem Parkplatz direkt am Hafenbecken.
Wie überall heutzutage in Frankreich fanden sich hier Schilder, die den Wohnmobilisten nicht gut gesonnen sind. Andererseits gab es Schilder, die das Parken bis um 19:00 erlaubten. Mitten in unseren Zweifeln kam ein Abschleppwagen, der kurzerhand ein Wohnmobil an den Haken nahm. Leicht verunsichert erkundigten wir uns bei zwei Franzosen, die uns versicherten, daß wir bis 19:00 Uhr hier nichts zu befürchten hätten. Der abgeschleppte Wagen habe lediglich eine Panne. Nun gut, konnten wir uns also beruhigt auf den Marsch in die Altstadt begeben.
Wir waren auf der Südseite der Mauer und betraten die Stadt durch die Grand’ Porte
eines der Massiven Tore der Altstadt. Jetzt fühlten wir uns wie die zahllosen Touristen die, neugierig aber beeindruckt, die alte Heimat der Piraten beäugen wollten. Mit dem Fotoapparat bewaffnet zogen wir ohne festes Ziel los.
Das einzige was ich mir fest vorgenommen hatte, war der Besuch eines Internet-Cafes um kurz meine Mails zu lesen und bei Twitter die letzten unheimlich wichtigen Infos zu posten. Wir wollten schließlich aus dem Ausland unser Lebenszeichen abgeben.
Was lag näher, als die hiesige Post zu befragen. Wir stellten uns brav in die Schlange und warteten geduldig bis Madame die Madame vor uns endlich bemerkte und allmählich tätig wurde. Offensichtlich kannten sie sich persönlich und hatten einiges zu bereden. Kurze Zeit (eine gefühlte halbe Stunde) später wandte sie sich uns zu. Auf unsere simple Frage, wo hier ein Internetanschluß zu finden sei, bekamen wir die ebenso simple Antwort: Gegenüber in der Gasse. Auf unseren hin Versuch die Sache zu konkretisieren erwiderte sie : Gegenüber in der Gasse.
Aha… Nun, die Gasse war gut zu erkennen. Ein Internetcafe allerdings nicht. An der “Rue sans Pareil” (Straße ohne Gleichen) ließen wir uns nach der erfolglosen Suche auf einer Terasse zu einer Tasse Kaffe nieder. Als der Kellner erschien fragten wir ihn, ob er ein Internet Cafe kennen würde. Er nickte und zeigte auf den Pub gegenüber. Wir blieben und machten unser Päuschen trotzdem bei ihm. Zwischen zwei Grand Cafe Creme huschte ich schnell mal rüber. Wer also in St. Malo mal einen Online Anschluß suchen sollte: Rue sans Pareil, das Cafe heißt L’Alambic.
Haben Sie schon mal auf einer verschlissenen französischen Tastatur getippt? Irgendwie kam ich mir behindert vor. Was sich da beim Tippen so alles ergeben kann. Die abgegriffenen Buchstaben waren teilweise kaum noch zu erkennen. Blindflug auf französisch. Ein Abenteuer.
Ich zahlte für 15 Minuten Internetanschluß 2 € , wandte mich wieder meinem Kaffe auf der anderen Straßenseite zu und war zufrieden.
Nachdem ich meine E-Mails gecheckt und wir uns mit lecker Kaffe und Croissant gestärkt hatten, bummelten wir weiter.
Wie man auf der Karte erkennen kann ist der Stadtkern nicht all zu groß. Wir schafften es allerdings immer wieder im Kreis rumzurennen und trafen dabei immer wieder auf die Post. Ein Dejavue oder “Und ewig grüßt das Murmeltier”.
Da wir als reine Touristen herumirrten gibt es auch nur von wenigen Ereignissen zu berichten. An eines erinnere ich mich jedoch: Die ewigen Zicken, die meine Kamera machte. Hatte ich sie noch am Morgen mit frischen Batterien bestückt, blinkte jetzt schon wieder die Ladekontrolle. Im Auto hatte ich natürlich noch Legionen von Batterien gehortet. Aber hier…
Ich suchte einen Fotoladen auf um mich zähneknirschend neu zu versorgen. Bei den Preisen hier machte es auch nichts mehr aus einen 24er Schwarz-Weiß-Film für 9,-€ mitzunehmen. Mein Hass auf die Knipse stieg mal wieder. Das sollte sie mir später noch büßen.
(Jetzt während ich hier noch schreibe kann ich es ja verraten: Das Thema Kodak-Kamera hat sich erledigt, ich habe jetzt eine kleine Canon Ixus. Der Hass ist inzwischen verraucht)
Ich hänge jetzt mal ohne viel Wort einige Bilder hier auf. Weitere Bilder findet man unter Reise-Fotos St. Malo.
Vielleicht reizt es jemanden die Stadt zu besichtigen:
Das lange Herumwandern machte hungrig. Ohne genau zu wissen was uns erwartete bestellten wir in einem Straßenimbiss ein Galette mit Wurst. Wir suchten eine Bank um in Ruhe zu essen und siehe da: In Sichtweite unsere Post. Es muß wohl doch daran liegen, daß die Stadt sehr klein ist. Über mich selber würde ich mich nicht sehr wundern, aber Maria (sie ist von Natur aus eingenordet) ist bezüglich Orientierung über jeden Zweifel erhaben.
Mit dem letzten Blick auf unsere Post suchten wir dann den Ausgang. Wir kamen am Porte St-Vincent aus, die südwestliche Ecke von “Intra Muros”. Um zum Parkplatz zu gelangen marschierten wir die ganze Südmauer ab und kamen dabei nochmals am zentralen Eingangstor Grand’ Porte vorbei.
Auf unserem weiteren Weg Richtung Westen überquerten wir zwischen St. Malo und Dinard den Damm der das erste und immer noch größte Gezeitenkradtwerk der Welt ist. Es liegt in der Mündung der Rance. Mit dem Bau wurde 1961 begonnen und wurde im Jahr 1966 in Betrieb genommen. Der Tidenhub bei St. Malo beträgt über 10 Meter, manchmal bis zu 16 Metern. Mit seinen 24 Turbinen, die in der Mauer sitzen, leistet das Kraftwerk insgesamt 240 Megawatt und liefert jährich ca. 600 Millionen Kilowatt Strom.
Weiter geht’s nach Cap Frehel.
Wunderschön! Danke für diesen herrlichen Bericht. Ich war ja schon immer ein Frankreichfan. Saint Malo schaut ganz anders aus als die anderen typischen französischen Städte, Großstädte, wie Paris, Lyon, Marseille, Nancy…
Soviel Kleinstadtflair mit Kultur und Geschichte findet man heute nicht mehr so oft.
Die Altstadt mit Fort und Mauer finde ich am schönsten. Man sieht, dass ihr einen tollen Urlaub hattet. Bitte berichtet unbedingt auch wieder von eurem nächsten!