Müde von der Bergsonne und einer kurvigen Tour aus dem Alläu zum Bodensee blicken wir zurück auf den Karsamstag. Der Bannwaldsee-Campingplatz war groß und überaus komfortabel, die Sonne kommt aber in dieser Jahreszeit nicht so früh über See oder Berge hoch, so daß wir diesmal keinen Sonnenaufgang erleben konnten. Die vorbestellten Brötchen waren hervorragend, echtes Roggenmehl dabei.
Das erste Highlight des Tages war aber dieses: Während Ray die Duschen des Campingplatzes aufsuchte, testete ich die Dusche des Pössl Vario. Im Gegensatz zu dem kleineren Modell, das wir beim letzte Mal hatten, gibt es hier eine ausziehbare Duschwanne. Man fixiert die geöffnete Badezimmertür (jetzt weiß ich auch, wofür die eine Lasche dahinten war) und zieht unterhalb des Bad-Bodens eine vollständige Duschwanne mit Abfluß heraus. An der Decke geht rundum eine Vorhangleiste, an der man den sehr üppigen und Duschvorhang aus angenehm textiligem Material praktisch vollständig um sich herum zieht. Er ist auch lang genug und unten mit Gewichten ausgestattet, um nicht neben, sondern in der Wanne zu hängen. Nur eine kleine Lücke für den (langen!) Duschschlauch aus dem Waschbecken bleibt noch offen. Und ob ihr es glaubt oder nicht: Es geht wirklich kein Tropfen daneben! Beim Zurückbauen hängt sich der feuchte Duschvorhang unten in eine Öffnung des Badezimmerbodens in die Duschwanne hinein, so daß auch hier nichts tropft und alles sauber abfließt. So etwas Durchdachtes habe ich lange nicht gesehen. Ich bitte um Verständnis, daß ich nur vor dem Duschen und nicht währenddessen fotografiert habe …
Gut gestärkt, zog es uns als nächstes Richtung Neuschwanstein, das gestern von der Straße aus doch ziemlich enttäuschend auf mich gewirkt hatte. Irgendwie hat sich da bei mir wohl die Kindheitserinnerung mit diesem Disney-Schloß vermischt. Außerdem ist die Sahneseite von Neuschwanstein definitiv der Blick von der Marienbrücke. Aber soweit kam es dann nicht. Im Dorf Hohenschwangau, das aus Souvenirläden, Hotels und kostenpflichtigen Parkplätzen besteht, schreckte uns trotz Vorsaison zunächst die 7 Euro Parkgebühr, dazu kämen 9 Euro Eintritt pro Person. Die für unser Nervenkostüm bereits übervollen Straßen überzeugten uns davon, daß dieses Stück Kultur heute ohne uns stattfinden mußte. Dann lieber hoch auf den Berg mit der Tegelberg-Kabinenbahn und von dort aus den Blick über die Seen, Füssen und aus der Bahn auch auf die Königsschlösser genießen.
Die Berg- und Talfahrt mit der Kabinenbahn hatte zwar auch ihren Preis, aber es zog uns nach dem ganzen Barock von gestern eher in die Natur als in die überteuerte Zuckerbäckerarchitektur. Und was geht schon über die himmlische Ruhe und einen Milchkaffee auf 1707 Meter Höhe? Unser Schuhwerk war leider überhaupt nicht auf Schnee eingestellt, so daß wir das mit der kleinen Wanderung zum Gipfelkreuz nochmal verschoben haben …
Da wir gestern bei der Durchfahrt durch Füssen trotz Karfreitag eine Atmosphäre wie am verkaufsoffenen Sonntag auf der Kölner Hohe Straße beobachten konnten, sparten wir uns das Städchen und machten uns auf den Weg rund um Bannwald- und Forggensee auf meinen Kindheitstrip. Denn hatte auf der Karte überrascht festgestellt, daß diverse Familien-Urlaubsziele meiner Kindheit, jedes für sich mit einer Reise verbunden, jeweils nur ein paar Kilometer auseinander liegen: Angefangen vom Bannwaldsee, über Roßhaupten und den Schwaltenweiher (da war ich wohl 3 Jahre alt), über Nesselwang und den Grüntensee ging unsere Tour Richtung Westen und den Bodensee.
Die Strecke zog sich kurvig durch das Voralpenland und bot noch einige wirklich beeindruckende Ausblicke. Das beste war dann, als wir eine Umleitung fahren mußten und im Anschluß die vorgesehene Strecke nach Lindau verließen und ich plötzlich über einen Ortsnamen stieß, der mir bekannt vorkam: Wigratzbad. Ich erwähnte vermutlich unauffällig, daß ich ein kleines Faible für Böhm-Bauten habe? Jetzt laufen uns sogar ungeplant schon die Bauwerke über den Weg, denn die moderne Wallfahrtskirche von Wigratzbad, einer Marienpilgerstätte, ist von Gottfried Böhm. Ich erspare dem Leser die architektonischen Details, die sich nicht zwingend sofort erschließen, und erwähne nur die offenbar auf größeren Ansturm ausgerichtete Weihwasserproduktion:
Danach ging es strack geradeaus und bergab nach Lindau am Bodensee, wo wir mehr oder weniger dem Seeufer folgten. Erster Stellplatzversuch war ein Tipp aus dem Internet, ein reiner Womo-Stellplatz in Kressbronn-Tunau. Sollte kuschlig und privat sein, als wir ankamen, wirkte es aber vor allem total überfüllt. Vielleicht hätten wir noch ein Plätzchen bekommen, aber irgendwie hatten wir uns unter ruhig und romantisch etwas anderes vorgestellt. Für ein paar Kilometer reichte Rays Geduld so gerade noch aus, so daß wir schließlich hinter Friedrichshafen den „erstbesten“ Campingplatz, nämlich den in Fischbach, ansteuerten. Ein Glücksfall: er liegt direkt am Seeufer, hat die puren Luxus-Sanitäranlagen mit allem Drum und Dran und eine wirklich nette und ruhige Atmosphäre. Man wählt zwischen normalen und „Panorama“-Stellplätzen mit direktem Seeblick für 2 Euro Aufpreis.
Gegenüber auf der Schweizer Seite des Sees glitzert inzwischen das Seeufer in der Dunkelheit, mein Gesicht glüht von der Sonne und Rays Augen glitzern vor Müdigkeit. Bis morgen!
Bilder wie gehabt in unserem Flickr-Album.
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