Toskana mit dem Wohnmobil, Tag 5 6 (Certaldo – San Gimignano – Colle di Val d’Elsa)
Nein, in der Toskana gibt es keine Mücken. Wo sollen die auch herkommen? Keine stehenden Gewässer, immer ein leichter Wind, so heiß ist es auch noch nicht – aua! In Certaldo kannten die Biester leider unser Mantra nicht, und in den Morgenstunden gab es ein Gemetzel, das an das Florida-Abenteuer zwar nicht herankam, aber die blutigen Flecken im Pösslchen hatten für mich schon etwas von einem Déja-Vu.
Der Stellplatz in Certaldo war morgens laut wie ein Parkplatz; so stand es auch in beiden Womo-Reiseführern. Dafür war der Bäcker gleich um die Ecke über die Brücke. Uns zog es in das nahegelegene San Gimignano, das wir zumindest einmal gesehen haben wollten, übernachten wollen wir in dem Trubel aber eher nicht. Gegen 11 erfahren wir, was der UNESCO-Weltkulturerbestatus mit so einem kleinen Örtchen macht. Parkplätze schon überwiegend voll, für Wohnmobile zu 90% gesperrt. Ein Rollerfahrer mit Warnweste lockt uns zu einem etwas abseits, wieder im Tal liegenden Stellplatz; wir wittern Abzocke und fragen mißtrauisch nach, daß wir eigentlich nur parken wollen? Kein Problem, 3 Euro pro Stunde, und es gibt einen Shuttlebus nach oben. Das klingt in Ordnung. Der Stellplatz sieht auch ganz OK aus, modern und mit voller Aussstattung, im Sommer etwas wenig Schatten vielleicht. 22 Ocken die Nacht, das für hiesige Verhältnisse vermutlich vertretbar.
San Gimignano: nett. Grade noch nicht zu überlaufen, einige idyllische Plätzchen sind noch übrig. Eisdielen, die das beste Eis der Welt anbieten, dazu Souvenirs, Feinkost (Wildschwein!) und Ristorante. Und rundum Punto Panoramico, Panoramico, Panoramico. Achso: und deutsche Touristen. Nicht nur wir hatten die glorreiche Idee, die frühsommerliche Feiertagsfülle für Urlaub zu nutzen. Offenbar überwiegend Schwaben. Zitat auf dem Stell-/Parkplatz: „schönes Autole haben Sie da“. Finden wir auch ;-)
Wir wollen weiter, haben uns ein Weingut bei Colle di Val d’Elsa ausgesucht, um etwas runterzukommen. Nur tanken müssen wir, der Wagen ist zum ersten Mal auf Reserve gegangen. Die steilen Kurven rauf nach Castelstgimignano bringen den Fühler im Tank dann wieder einmal dazu, auf „Piiiep, ganz wenig Sprit, jetzt aber zack zack tanken“ zu gehen und Ray wurde extrem nervös. Wir hatten das schon einmal an einem Sonntagnachmittag in der Eifel … Ich weigere mich auf die Bordcomputer-Reichweite zu schauen: entweder kommen wir bis zur nächsten Tanke, oder nicht, da nützt uns der Bordcomputer auch nix, der macht uns nur noch nervöser.
Nach einem leichten Mittagsmahl mit Salsita della Nonna und Pecorino – diesmal mit der gewünschten Fernsicht – ließ ich Pösslchen im Leerlauf nach Colle di Val d’Elsa rollen. Macht in den Kurven richtig Spaß … Und dort dann auch die ersehnte Tankstelle. Erwähnte ich übrigens die Dieselpreise in Italien, die einem die Tränen in die Augen treiben und uns an zig Tanken vorbeifahren ließen, in der Hoffnung, daß es nochmal besser würde?
Bisher haben wir uns in Sachen Stellplätzen überwiegend an Ralf Gréus’ „Womo-Führer“ gehalten, der Abgleich mit dem Wohnmobil-Tourguide von Gaby Gölz ergab zumindest bei den offiziellen Plätzen Übereinstimmung, die Beschreibungen von Gréus sind von viel Erfahrung geprägt, wenn auch die ganz leichte „früher war alles besser, und ich war ja früher schon hier“-Attitüde auf Dauer etwas nervt. Ja, wissen wir auch, daß wir vor 20 Jahren hätten herkommen sollen … Und was man von „Geheimtipps“ in einem in hoher Auflage gedruckten Reiseführer halten soll, muß jeder selbst wissen, ich persönlich finde sie etwas albern. Diesmal nehmen wir also einen vielversprechenden Stellplatztipp von Gaby Gölz in Angriff: In einem abgelegenen Vorort von Colle di Val d’Elsa gibt es das Weingut Casale, wo für einen vernünftigen Preis sehr ruhige Stellplätze in den Weinbergen mit Strom und Wasser angeboten werden. Klasse finde ich die konkrete Wegbeschreibung, nicht „hier wird es eng“ sondern: Ortsdurchfahrt mit 2,50 Metern. Damit kann man etwas anfangen, wenn man zitternd durch den Ort fährt: „zwei Meter fünfzig, zwei Meter fünfzig, zwei Meter fünfzig … “ (nein, so schlimm war es wirklich nicht).
Wir sind zwar nicht allein, am Abend sind wir mit drei Wohnmobilen hier, aber hier herrscht wirklich Ruhe (zumindest abends, wenn der Weinberg-Trecker Feierabend hat). Zusätzlich zur versprochenen Ausstattung gibt es sogar noch eine einfache Dusche und WC. Und statt dem üblichen Check-In mit Passkontrolle usw. gibt es eine Weinprobe mit drei guten Roten und einem fließend Deutsch sprechenden Patrone. „Das andere machen wir dann morgen“.
Na dann, gute Nacht!
San Gimignano fand ich im Herbst 2011 auch wirklich übelst!
Immerhin, ihr seid mit einem brauchbaren Führer unterwegs (Gölz), der nichts beschönigt. Obschon sehr versierte Womi-Fahrer, fanden wir ausser den erwähnten Stellplätzen, die oft genug nur mehr oder weniger lärmige Parkplätze sind, kaum einen andern, freien Stellplatz in der Toskana.