Toskana mit dem Wohnmobil, Tag 5 (Florenz-Certaldo)
Jetzt aber raus aus Florenz, so schön es war, aber Erholung war das noch nicht. Entsprechend nervös war das Rauskommen und Einfädeln Richtung St. Gimignano, das wir uns als grobes nächstes Ziel gesetzt hatten. Irgendwie sind wir dann doch im Chianti gelandet, wo wir eigentlich gar nicht hin wollten … aber immerhin lag ein Supermarkt auf dem Weg, wo wir uns für die nächsten Tage mit Frischgemüse und Wein eindeckten. Großartig: Salsa a la Nonna, feiner Brotbelag, perfekt mit einem frischen Ciabatta (eigentlich heißt das Brot hier einfach nur Brot).
Überhaupt, Brot. Im Supermarkt überzeugte es uns nicht, und Bäckereien verstecken sich in den Dörfern erfolgreich vor uns. Wo kaufen Italiener ihr täglich Brot? Wir vermissen unsere Ehrenfelder Bäckerin … aber in Greve werden wir dann endlich fündig. Greve ist nach übereinstimmender Ansicht der Reiseführer der „Hauptort des Chianti“ und hat einen netten historischen Marktplatz mit Bogengängen. Diese sind voll mit Souvenirläden und Feinkost, das beste hier – außer dem Wein – ist der Wildschweinschinken. Ich widerstehe als Vegetarierin auch dem netten T-Shirt mit dem Wildschweinmotiv. Wir fragen uns mal wieder, ob es die ganzen Wildschweine für den Touristenschinken wirklich gibt oder ob es nicht demnächst einen neuen Fleischskandal gibt: Hausschwein im Wildschweinschinken gefunden!
Es zieht uns weiter entlang der „Via di Chianti“ (oder so), wir sind hungrig und suchen einen schönen Platz mit Aussicht zum Mittagessen. Leider gelingt es noch nicht ganz, wir müssen vorher auf einem schnöden Parkplatz pausieren und unsere knurrenden Mägen beruhigen. Aber dann! kommt endlich die „richtige“ Toskana, ein schöner Panoramablick nach dem anderen, und die schmalen kurvigen Straßen Richtung Certaldo, die man laut Womo-Führer nur „mit viel Zuversicht“ mit dem Wohnmobil erschließt. Aber Pösslchen wird langsam mutig, und die Strecke ist genau richtig, um uns so langsam auf Toskana einzustimmen.
Durchaus auch verlassene Dörfer, beinahe verfallen, auch das gibt es noch. Und an einer einsamen Kapelle, an der wir kurz anhalten wollen, begegen wir – einem Bruder unseres Pösslchens, einem weißen Roady Vario, der ebenfalls kurze Rast hier eingelegt hatte. Die beiden grinsten sich kurz an, und weiter ging die Fahrt.
Wir entschieden uns recht früh, den Tag in Certaldo ausklingen zu lassen, zu viel Unsicherheit mit den Stellplätzen in San Gimignano, und wir wollten nicht schon wieder auf einen Campingplatz. Certaldo, die Stadt mit der Zwiebelmarmelade als Spezialiät … wir stehen auf einem offiziellen Platz, der nicht viel mehr als ein Parkplatz mit Ver- und Entsorgung ist, dafür aber kostenlos. Eine Seilbahn führt nach Certaldo alto, die mittelalterliche Ober- oder Festungsstadt, die trotz ihres Museumscharakters überhaupt nicht überlaufen oder übermäßig touristisch ist. Vorsaison, oder doch noch ein letzter Geheimtipp? Hier ist immerhin der Dichter Boccacchio vor genau 700 Jahren vielleicht geboren und ganz sicher gestorben, und sein Haus zeigt die Pantoffeln des Dichters in einer Vitrine.
Wir genießen den Ausblick und schauen im Abendlicht bis San Gimignano herüber, bis wir die vorletzte Seilbahn nach unten nehmen und eine seltsam-skurille Pizzeria namens „Delfin di Tarek“ aufsuchen, die mit ihren roten Stoffservietten auf fein eingedeckten Tischen fast sowjetisch wirkt. Die Pizza war jedoch preiswert und lecker.
Womo-Wein des Abends: Vernacchia di San Gimignano.