Duschen, Robben, Muscheln, Gotik …

Wir müffeln. Also nehmen wir gerne den Tipp unserer Nachbarn auf dem Stellplatz an, Le Crotoy anzufahren, das nur rund 20 km südlich die Küste runter liegt, und wo die beiden noch am Tag zuvor eine funktionierende Versorgungssäule angetroffen haben. Da Berck uns auch sonst nicht so vom Hocker reißt, ziehen wir gleich nach dem morgendlichen Baguetteholen am Strand los.

Und das war eine gute Entscheidung, Le Crotoy liegt an der Somme-Bucht und auch hier der Stellplatz direkt an den Dünen. Wasser ist für 2 Euro zu haben, und – auch hier – kann man die Sache mit dem Strom vergessen; ganze 55 Minuten gibt’s für 2 Euro. Dafür daß Frankreich voll von Atomkraftwerken ist, wundert mich das schon ein wenig. Scheint aber normal zu sein, ist jetzt schon der dritte Platz mit Stundentarif. Aber wir brauchen es auch nicht wirklich, solange wir tagsüber fahren und die Batterien fleißig laden. Zwei Nächte stillstehen könnte aber schon mal eng werden. Aber dieser Platz hat es uns wirklich angetan. Sandig, direkt hinter den Dünen (Meer ist immer weg, wir kennen das ja schon), superruhig und geräumig. Die vier-fünf Fahrzeuge stehen weit auseinander, nicht mal den Dieselgenerator, den einer am anderen Ende laufen hat, hört man nachts. Und: ein frisch gefüllter Wassertank und eine rundlaufende Truma beschert uns frisches Duschvergnügen im Pösslchen.

 

Wohnmobil-Stellplatz in Le Croyton.
Wohnmobil-Stellplatz in Le Crotoy.

Direkt hinter den Dünen.
Direkt hinter den Dünen.
Le Croyton Ver- und Entsorgung.
Le Crotoy Ver- und Entsorgung. Übernachtung gibt’s für 5 Euro.

Im Gegensatz zu Berck, das als Luftkurort vor allem Seeluft und Dünen zu bieten hat, kommen wir hier in eine Ecke mit Ökotourismus. Die Somme-Bucht hat eine reiche Vogelwelt, und am anderen Ende soll es Robben geben!

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Blick über die Bucht von unterwegs.

Nach einem gemütlichen Frühstück umfahren wir die Bucht und landen in Le Hourdel, das uns unser französischer Nachbar in Berck noch empfohlen hat. Ein winziges Fischerdorf mit Kies und viel Schlick, und wir sehen tatsächlich Robben in freier Wildbahn!

Viele kleine Handschmeichler.
Viele kleine Handschmeichler.
Pösslchen erlaubt mir, einen pro Tag mitzunehmen.
Pösslchen erlaubt mir, einen pro Tag mitzunehmen.
Schlick mit viel Leben drin.
Schlick mit viel Leben drin.
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… jede Menge Leben!
Robben liegen da einfach so rum und sonnen sich!
Robben liegen da einfach so rum und sonnen sich! Man soll aber natürlich einigen Abstand halten.

Erstaunlich viele Menschen sind unterwegs, aber die Temperaturen gehen in Richtung Frühling, einige Franzosen sitzen mit Grill und Weincontainer auf der Promenade in der Sonne. Wir landen im einzigen Lokal am Ort, wo wir „Moule Frites“ (Muscheln) und Scholle „aus der Bucht“ essen. Das Lokal mit seinen 30 Biersorten hat Kult-Tendenzen.

Fischernetze.
Fischernetze.
Unser kleines Hafenlokal.
Unser kleines Hafenlokal.

Einen Wohnmobilparkplatz, der sich prima zum Übernachten eignen würde (Disclaimer: jetzt im Winter, keine Ahnung, wie das im Sommer geregelt ist), gibt es hier auch – wir besichtigem ihn aber nur kurz, weil wir eigentlich in Abbeville übernachten wollen, dem nächstgrößeren Ort mit gotischer Kirche.

Abendlicht an der Kirche von Abbevile.
Abendlicht an der Kirche von Abbeville.

Wir erreichen die Stadt im wunderbarsten Abendlicht auf der Gotik – für den kleinen Ort von 24.000 Einwohnern eine beeindruckende Kirche. Wir halten uns drinnen noch ewig auf, der junge Mann an der Information scheint glücklich zu sein, ein paar Touristen etwas erklären zu können, und macht sogar das Licht vorzeitig für uns an („because you are Germans“ – „yeah, we destroyed this church in the war …“ – „this was not you!!“ Die Zeiten ändern sich). Die Kirche St. Vulfran hat viele moderne Fenster aus den 1960ern und ein sehr beeindruckendes Original-Holzkirchenportal. Eine Ecke, die im letzten Weltkrieg zerstört wurde, hat man schmucklos und provisorisch repariert belassen.

Es gibt sie noch, die modernen Kirchenfenster mit NIveau … dies hier ist aus den 1960ern.
Es gibt sie noch, die modernen Kirchenfenster mit Niveau … dies hier ist aus den 1960ern.
Skulpturen auf Augenhöhe
Skulpturen auf Augenhöhe
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Ich kann mal wieder nicht aufhören. Was soll das bloß morgen in Amiens werden?

Dann mal zum Stellplatz, den wir auf OSM entdeckt hatten. Dort erwartet uns eine Überraschung: Kein Touristenplatz, sondern der städtische Platz für Gens du voyage, also Roma, Sinti, Manouche, etc. – seit dem Jahr 2000 ist jede Kommune über 5000 Einwohner verpflichtet, einen festen Platz  mit Sanitär- und Elektrizitätsversorgung für die Reisenden einzurichten. Wir beschließen, zurück nach Le Croyton zu fahren, wo uns unser bekannter Platz erwartet. Ob das nun unseren doch vorhandenen Vorurteilen zuzuschreiben ist, oder wir es uns mit „wollen uns nicht aufdrängen, wissen nicht, ob wir willkommen sind“ schönreden, mag jeder selbst entscheiden.

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