Nach dem leichtg unfreiwillig verlängerten Aufenthalt in Sarlat zog es uns ein Stück die Dordogne herunter. Wegen der großen Hitze lassen wir weiterhin Ruhe walten und übertreiben es nicht mit dem Abklappern von Sehenswürdigkeiten. Der nächste Stopp wird wieder vier Nächte lang und heißt La Ferme de Perdigat: ein Bauernhof-Campingplatz zwischen Le Bugue und Limeul, wo die Vézère in die Dordogne mündet. Ein perfekter Standort für E-Bike-Touren, aber auch zum Entspannen und Genießen, denn es gibt neben dem kleinen Hofladen mit frischem Gemüse und Eiern der eigenen Hühner – die frei rumlaufen – auch noch ein angeschlossenes Gartenrestaurant und einen Pool zum Abkühlen. Klingt irgendwie luxuriös, was ja normalerweise bei Campingplätzen nicht so unser Ding ist, aber hier fügt sich alles zusammen zu einer tiefenentspannten Atmosphäre, die ihresgleichen sucht. Da der Platz noch lange nicht voll belegt ist, kommen auch beide Herren Kater hier voll auf ihre Kosten: verstecken sich in den Hecken, spazieren über die Nachbarparzellen, sie genießen den Platz ebenso wie wir (nachdem sie das mit den Hühnern erst mal gecheckt hatten). Unsere Parzelle natürlich die mit dem größten Baum von allen und ganztags schattig – anders geht’s nicht mit den Katern, auch wenn wir dafür sommers auf den autarken Strom von oben verzichten müssen. Ach ja: Hier gibt’s eine strenge „keine Lebensmittel wegwerfen“-Direktive bei der Müllentsorgung. Das heißt, es gibt nicht nur einen Komposthaufen, sondern Hühner- und Schweinestall können gleich mit Essensresten usw. bestückt werden, wenn man mag. Für Verpackungen gibt’s ein eigenes Körbchen, damit das Zeug lockerer fällt im Container. Nur leider kein Solarstrom auf den Dächern, weil Denkmalschutz. Und zum Schluss gibt’s in der ganzen Menagerie noch Nachwuchs: das große Hängebauchschwein hat 14 kleine Hängebauchschweine zur Welt gebracht. Wenn das mal nichts ist …
Die Umgebung ist Périgord pur: Felder, Wälder, Flüsse, kleine Kapellen und das „Festungsdorf“ Limeul nebenan. Auf der anderen Seite liegt beispielsweise Le Bugue, das schon etwas städtischer ist und vermutlich die Vorlage für Martin Walkers Périgord-Krimis rund um den Chef de police „Bruno“. Diese habe ich mir als Urlaubslektüre reingezogen – man kann sie als Reiseführer und Kochbuch lesen, aber auch einiges zur französischen Geschichte und allerlei politische Zusammenhänge lernen. Mal abgesehen von dem idealisierten Bild, das Walker von der Region zeichnet, haben wir uns gefragt, was das Périgord für uns eigentlich so faszinierend macht. Kein Meer, Landschaft und Kultur gibt’s auch anderswo in La France … (wem sage ich das?) Vielleicht diese Mischung aus zutiefst europäischer Kulturlandschaft ohne Extreme, der fruchtbaren Landwirtschaft und der überall spür- und sichtbare Geschichte, und das alles völlig unprätentiös und entspannt, französisch eben (bzw. das, was wir für so für französisch halten). Aber vielleicht ist das auch alles viel zu verkopft, es reicht vielleicht zu sagen, dass die Gegend uns einfach gut tut.
Wir unternehmen morgens kleinere bis mittlere Radtouren, bevor es dann zu heiß wird und wir den Pool genießen. Eine Tour führt uns Richtung Trémolat, und auf dem Weg dorthin begegnen wir Monsieur Paunat in seiner Chartreuse (eine Art Landhaus, kleiner als ein Château), der diese mit einer zauberhaften Gartenanlage (Les Jardins de la Chartreuse du Colombier) umgeben hat. Er schaltete sofort auf Englisch um und setzt sich mit uns in den erst mal in den Schatten, um uns an seiner Biografie und dem Konzept seines Gartens teilhaben zu lassen. Das muss man erlebt haben, und spätestens als er erzählte, dass er auf dem Reiterhof einer Engländerin reiten gelernt hat, dachte ich kurz, ich wäre doch in einem der Périgord-Krimis gelandet. Der Garten dann: zauberhaft. Note for self: beste Reisezeit wäre doch eher der Mai, weil da noch mehr blüht, aber zu Zeiten von Klimawandel ist eh alles anders, insofern: Kraft schöpfen aus dem, was es gibt, solange es noch da ist.
Ein weiterer Garten liegt auf dem Dorfhügel von Limeul, den wir bereits am ersten Abend bestiegen hatten, wo es aber schon zu spät für den „jardin panoramique“ war, der zur Nebensaison nur bis 18:30 Uhr geöffnet hat. Ich gönne mir den Garten noch mal für mich ganz allein und darf den abendlichen Blick auf den Zusammenfluss von Vézère und Dordogne genießen, der sich von hier oben noch einmal ganz anders inszeniert.
Was soll ich sagen? Hier kann man zur Ruhe kommen und doch jeden Tag etwas erleben. Nächster Halt wird Bergerac, bevor wir ganz langsam wieder umkehren müssen.