Nach der dörflichen Idylle auf dem Bauernhof zogen wir wenige Kilometer weiter nach Bergerac. Jede Etappe dieser Reise hatte nur rund 40 bis 50 Kilometer – wir hatten den Eindruck, dass einige Reisende mit PKW und Zelt sich auf einem festen Platz installierten und dann mit dem Auto ihre Tagesausflüge machten. Kann man machen, und bei etwas kühlerem Wetter hätten wir unseren E-Bike-Radius sicher noch etwas weiter ziehen und auch länger an einem Ort bleiben können. Mit Pösslchen und den Katern wollen wir aber lieber ein paar Tage an einem Ort sein und dann weiterziehen, und keinesfalls noch Tagesausflüge machen, für die wir wieder alles inkl. Katzen einpacken und rumfahren müssen. So ist es für uns viel besser, ohne in Hektik auszuarten.
Also Bergerac: „Zweitgrößte Stadt im Departement“ klingt riesig, aber hier leben nur rund 26.000 Menschen, plus Touristen natürlich. Also schon städtischer als die bisherige „Périgord-Idylle“, aber doch insgesamt recht beschaulich. Auch die historische Innenstadt ist – trotz vorhandenem Mini-Train – in einer Stunde gut ablaufbar. Cyrano steht zweimal auf Plätzen herum und hält seine Nase in die Luft, obwohl das Original womöglich gar nie nicht vor Ort war. Wir kneifen uns das örtliche Tabakmuseum, das recht sehenswert sein soll und lassen Kirchen, Klöster und Street Art auf uns wirken.
Der Campingplatz liegt hinter einer kleinen Insel versteckt unter Bäumen am anderen Dordogne-Ufer und gibt sich (Vorsaison) leger und mit großzügigen Parzellen. In der Hochsaison soll das auch schon mal unentspannter sein, aber wohl eher unter den Campern selbst, da man sich selbst seinen Platz auswählen kann und alle gern am Wasser stehen. Die Kater erkunden das Gelände, inzwischen müssen wir sie teils davon abhalten, in die Nachbarzelte zu verschwinden. Kleine Öffnungen und Höhlen sind zu verführerisch. Die sanitären Einrichtungen sind sauber, wenn auch in einigen Bewertungen als „dringend renovierungsbedürftig“ beschrieben. Wir mochten das alte Sanitärgebäude, hatte einen gewissen 1970er-Charme, genau unser Ding ;-) (und es gab immerhin sehr ordentliche Waschräume mit barrierefreiem Zugang, wenn auch architektonisch eher wahllos – man kann nicht alles haben)
Was insgesamt an der Dordogne bisher ein wenig fehlt, ist ab Bergerac in Grundzügen bereits vorhanden: ein Ufer-Radweg. Der voie verte V91 verläuft mit seinen (einfache Strecke) ca. 26 Kilometern zwischen Bergerac und Lalinde nicht komplett am Ufer entlang, aber über weite Teile und ist fast ausschließlich für Radfahrende und Fußgänger reserviert. Auch nicht unwichtig: Viel Schatten auf der Strecke und wenige Steigungen. Wir radeln an einer historischen Schleusentreppe und einem Wasserkraftwerk vorbei, entdecken einige kleine Dörfer, darunter das 1944 von der deutschen Wehrmacht in Schutt und Asche gelegte Mouleydier (ja, immer wieder …).
Ein Stück geht es entlang dem Canal de Lalinde, der mit dem Aufkommen der Eisenbahn seine wirtschaftliche Bedeutung verloren hatte, aber inzwischen wohl wieder touristisch genutzt wird. Lalinde selbst ist eine schnucklige kleine Gemeinde, auf dessen Marktplatz wir uns ein feines Mittagsmenü schmecken ließen, bevor es zurück nach Bergerac ging.
Die frühen Abendstunden waren dann noch einer Fahrt auf einer der historisierenden Gabarren gewidmet, die hier etwas größer sind als in Argentat damals. Die Holzladungen aus der Auvergne für die Weinfässerproduktion in Bordeaux wurden nämlich, bevor es die flusszähmenden Stauwehre und Schleusen gab, von kleineren auf immer größere Boote umgeladen, und die Boote in Bordeaux dann entweder auseinandergenommen und das Holz weiterverwendet, oder die Boote Richtung England zweitverwertet (wenn ich den Gabarrista richtig verstanden habe). Die Fahrt lohnt sich auf alle Fälle, es gibt neben historischen Einblicken noch jede Menge Naturkundliches – unter anderem, wie sich der Klimawandel auf das Leben der Vögel auf dem Fluss auswirkt, welche Fische keine natürlichen Feinde haben (nicht mal die Menschen, weil sie auch nicht schmecken), und deshalb riesig werden, und was mit den Schwänen in Bergerac passiert ist.
Das war’s dann auch in Bergerac, und wir wenden uns wieder flussaufwärts und nehmen dabei noch zwei der „schönsten“ Dörfer des Périgord mit, aber davon später mehr.