Frühsommer Dordogne / Périgord mit dem Wohnmobil

Die Mitt- und Endfünfziger unter uns kennen das: Das Leben mit alten Eltern hat so seine Tücken, und deshalb stand bis zum letzten Tag – buchstäblich – nicht fest, ob wir reisen können oder nicht. Aber es sollte sein, und ich danke von tiefstem Herzen den vielen Freundinnen und Freunden, die uns die Daumen drücken, dass es diesmal ein unbelasteter Aufenthalt in Südwest-Frankreich werden möge. Seit Jahren wünschen wir uns eine Frühsommerreise, und fünf lange Jahre hat es „aus Gründen“ nicht geklappt, jetzt soll es sein.

Was früher mal Frühsommer war, fühlt sich bei Abreise im Juni 2023 an wie Hochsommer: verschwitzt und schlapp und mit den Reisekatern dengeln wir uns mit zwei Zwischenübernachtungen die Autoroute de Soleil und von Lyon dann die A89 Richtung Clermont-Ferrand und weiter durch Corrèze, bis wir das Zielgebiet erreichen – immer schön zwischendurch Spaziergänge für den Abenteuerkater eingeplant. Große Routen-Pläne haben wir fast keine, wer sich mit der Gegend entlang Vézère, Dordogne und vielleicht dem Lot beschäftigt, bekommt schnell den Eindruck, dass es eigentlich überall schön ist. Und wir müssen eh erst mal runterkommen und uns orientieren.

Ein Kater mit Geschirr schaut ernst aus dem Wohnmobil, durch die offene Tür sieht man einen anderen, rotfelligen Kater sitzen.

Kleine Glückskatze auf einem Balken, im Hintergrund überdachter Essbereich des Stellplatzes, alles im Abendlicht. Im Hintergrund auf einem Wiesenhügel ein großes Wohnmobil, das auf beiden Seiten übersteht.
Wie das Dickschiff da oben raufgekommen ist und sich hält, war uns auch bei längerer Beobachtung ein Rätsel (und ich meine nicht die kleine süße Glückskatze)

Kurz nach Brive-la-Gaillarde empfängt uns in Terrasson-Lavilledieu ein wunderbarer, privat geführter Stellplatz in bäuerlicher Umgebung und ortsnah, extrem ruhig, mit Hund und Katz als Platzwarte (interessante Kater-Begegnungen, unser Abenteuerkater verteidigt seinen Tanzbereich freundlich-verbal, aber bestimmt), superlieber Madame und für 10 Euro inkl. Strom und Annehmlichkeiten. Einige Dickschiffe hat es auch hierherverschlagen. Wir bleiben nur eine Nacht, weil die besseren Schattenplätze doch belegt sind und wir lieber auf den etwas abseits gelegenen Campingplatz wechseln, unter einen großen Baum und mit Pool – die Gegend ist in den nächsten Tagen ein erstaunlich ruhiges Auge umgeben von starken Gewitterfronten – wir bekommen kaum einen Tropfen ab, aber zum Glück pegeln sich die Temperaturen auf angenehm ein. Terrasson hat einiges an Sehenswürdigkeiten, wir schnappen uns die E-Bikes und erradeln uns die nahegelegenen Höhlen von Lascaux (schließlich haben wir vor Jahren auch geschafft, mit klapprigen Leihrädern in Ägypten das Tal der Könige zu erradeln, da ist das doch jetzt ein Klax … nun ja, wir sind auch 17 Jahre älter). Der Sinn steht uns eigentlich nicht nach Abklappern von Sehenswürdigkeiten, aber das muss dann doch sein, auch wenn es „nur“ exakte Kopien der eigentlichen Höhle sind, wovon es vor Ort inzwischen zwei gibt: Lascaux II und Lascaux IV. Wir entscheiden uns für die „originalere“ Kopie von 1983, die unauffällig im Wald auf einer Anhöhe liegt. Ich weiß nicht, was ich mir vorgestellt habe, die geführte Tour von einer Stunde war etwas anstrengend, die begehbaren Höhlen eher klein und die Gruppe definitiv zu groß (und mit zuviel – nachvollziehbarem – Kindergeschrei). So beeindruckend die Höhlenmalereien auch sind, der Genuss hielt sich in Grenzen. Eine kleinere Gruppe mit weniger Einführungstexten und mehr reinem „Kunstgenuss“ wäre die schönere Lösung gewesen. (Für rund 500 Euro kann man übrigens eine Privatführung buchen …)

modernes, asymmetrisches Beton- und Glasbauwerk, in den Hügel gebaut. Vorne ein Schild „Lascaux“
Lascaux IV, die neue Höhlenkopie
Höhlenmalerei, einige Köpfe der Betrachtenden sind als Silhouetten zu sehen
Malereien in Lascaux II

Nach zwei Tagen wechseln wir ein paar Kilometer weiter die Vézère runter nach Saint-Léon-sur-Vézère auf einen kleinen Camping Municipal, der (endlich) direkt am Fluss liegt. Ein echtes Paradies: ein schattiges Plätzchen, simpel, ruhig, freundliche Menschen, große Gras-Parzellen für die Katers und meditativer Blick aufs Wasser. Sonnenuntergang direkt gegenüber aus dem Bett raus, und stündlich Besuch einer Platzwart-Gans oder Ente, die vom Abenteuerkater sehr misstrauisch beäugt wird.

Infrastruktur ist mager, im Grunde muss man sich in Montignac (Lascaux) mit allem nötigen eindecken, hier gibt es nur einen kleinen Alimentation mit Dépot de pain und einige sehr feine gastronomische Angebote. Die abreisenden Nachbarn legten uns Le petit Léon ans Herz, sie würden den Ort nur wegen dieses Restaurants aufsuchen – man hat die Wahl zwischen Vier- und Siebengängemenü (auch vegetarisch), wobei das kleinere Menü ohne Wein 60 Euro kostet. Mit Sicherheit sein Geld wert, wir sind kulinarisch aber eher schlichter gestrickt und bevorzugen das kleine Déjeuner sur l’Herbe (wie die Gemälde von Monet und Manet), wo es mit Selbstbedienung und Blick auf den Fluss unter Lindenbäumen feine Tartine mit lokalen Weinen und Bieren gibt. Magnifique. Wie generell dieser Ort, der uns ans Herz wächst. Hier ist alles nur fein.

Eine kleine Radtour führt uns nach unter anderem nach Plazac (Tolle Kirche und Burganlage, nettes Café) und zurück entlang der Höhlenwohnungen des Roque Saint-Christophe – die wir uns aber nur von außen anschauten. Generell ist dieser Abschnitt des Flusstals ein Paradies für Prähisto-Fans, es wimmelt nur so vor Neandertalern, Cro-Magnon-Menschen und Urgetier. Wir genießen vorerst nur einfach die ruhige Atmosphäre und den Frieden hier.

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