Tintagel: Hier wird’s richtig Cornwall

Mit dem Wohnmobil durch Südwestengland: Tintagel – Tintagel Castle – Truro

später geschrieben und zurückdatiert wegen der Chronologie Jetzt fühlt es sich langsam wie Cornwall aus unseren Träumen an. Wir richten uns uns im Headland Camping und Caravan Club in Laufweite zum kleinen Ort Tintagel gemütlich ein, inkl. Windschutz für 10 Pfund, das scheint hier ganz nützlich zu sein. Trotz des edel klingenden Namen und einigen Blechbungalows ist es im Wesentlichen eine – wer hätte das gedacht – Campingwiese.

Unterhalb Tintagel Castle am Meer
Unterhalb Tintagel Castle am Meer

Unser morgentlicher Ausflug geht zum Tintagel Castle, dem legendären Geburtsort von König Artus (nicht zu verwechseln mit dem neugotischen (?) Camelot Castle am Ort, das bloß ein Hotel ist). Viel ist davon nicht übrig, aber die Lage ist spektakulär. Eine Höhle am Meer ist die von Merlin, der den jungen Artus vor dem betrogenen Stiefvater versteckt hatte … Und die Ruine wird – anders als die Landschaft drumherum – von English Heritage, der Konkurrenzorganisation des National Trust betrieben. Die netten Herrschaften wollen uns auch als Mitglieder werben, aber da müssen wir leider passen. Wir zahlen brav unseren Obulus und kraxeln die Felsen herauf und hinunter.

Schon morgens reichlich Besucher, aber alles ganz entspannt und gut organisiert
Schon morgens reichlich Besucher, aber alles ganz entspannt und gut organisiert
Blick übers Land
Blick über Burg und Land
Kraxel
Kraxel
Küste oberhalb der Ruinen
Küste oberhalb der Ruinen
An der Küste entlang
An der Küste entlang
Und wieder mein geliebtes Heidekraut
Und wieder mein geliebtes Heidekraut

Nachmittags sollte nach einer kurzen Siesta eine Küstenwanderung von Boscastle nach Tintagel anstehen, aber irgendwie schaffen wir nicht, den Busplan richtig zu lesen, so daß wir alternativ landeinwärts zu St. Nectan’s Glen, einem Wasserfall tief im Wald wandern. Immer wieder fallen wir der Illusion anheim, daß eine Wanderung „am Bach entlang“ ja keine großen Steigungen aufweisen könne … irgendwann lernen wir es wohl noch. Man läuft erst gemütlich durch den Wald, um dann eine steilen Aufstieg (warum geht’s zum Wasserfall bergauf?) zu bewältigen. Dort ist erst einmal Eintritt bezahlen angesagt, es gibt auch ein Café und einen Souvenirladen, der etwas an Glastonbury erinnert. Und dann  geht es ebensoviele Treppen wieder hinab, wie man gerade heraufgekommen ist. Wir waren not amused und fühlten uns etwas veräppelt, aber was will man machen.

Mal eine etwas andere Hortensie
Mal eine etwas andere Hortensie
St. Nectan's Glen
St. Nectan’s Glen

Unten angekommen, erwartet uns eine eigenartige Stimmung. Der eigentliche Wasserfall ist schon sehr beeindruckend, aber an diesem Ort haben Hunderte, wenn nicht Tausende Menschen kleine Artefakte hinterlassen, wie man sie z.B. aus Lourde-Grotten oder anderen Pilgerstätten kennt: Zettel, Fotos, Erinnerungen oder Symbole diverser Glaubensrichtungen von pagan über buddhistisch bis katholisch … Zusätzlich sind im Bach kleine Steinpyramiden aufgebaut, und ein Mann steht im Bach vor dem Wasserfall und stimmt einen feierlichen Gesang an. Zunächst bin ich wieder versucht, zu schmunzeln, wie in Glastonbury, aber wenn man sich in die einzelnen Geschichten zu den Artefakten einfühlt, bemerkt man die Ernsthaftigkeit jedes einzelnen, und sie haben jedes Recht, hier ihre Erinnerungen zu hinterlegen oder spirituelle Kraft zu finden. Wenn jemand an einem Wasserfall, der mal eine Mönchsklause war, seiner verstorbenen Oma gedenken möchte, warum nicht? Wir bleiben jedenfalls deutlich länger hier unten, als wir geplant hatten, und der steile Aufstieg danach ist gar nicht so schwer wie gedacht …

Erinnerungsstücke am Wasserfall
Erinnerungsstücke am Wasserfall
Von Madonnen und Engeln …
Von Madonnen und Engeln …
… bis hin zu Druiden
… bis hin zu Druiden
Längeren persönlichen Geschichten …
Längeren persönlichen Geschichten …
… bis hin zu solchen, die man nur erahnen kann.
… bis hin zu solchen, die man nur erahnen kann.
Kleine Kunstwerke und Opfergaben
Kleine Kunstwerke und Opfergaben

Abends gibt’s zur Belohnung nach einer langen Wanderung dann unsere ersten Fish & Chips, ganz unspirituell.

Nach zwei sehr entspannenden Tagen ist der Moment der Entscheidung gekommen: wir verlassen die Nordküste Cornwalls, geben unseren Plan, Land’s End zu erreichen, endgültig auf und ziehen zur Südküste. Lieber weniger, aber dafür entspannter, als an der Küste entlanghetzen. Unterwegs halten wir in Truro, wo wir die viktorianische (= neugotische) Kathedrale besichtigen. Das ansonsten recht unscheinbare und uns bis dato völlig unbekannte Truro ist nämlich die zentrale Stadt von Cornwall und hat erst seit 1877 den Status City, wozu der Bau der Kathedrale entscheidend beitrug.

So ganz warm bin ich mit der Kathedrale nicht geworden, sie ist schon beeindruckend, aber mein Kopf kriegte den viktorianischen Stil und die Größe einer Kathedrale nicht so ganz in Deckung gebracht. Die Kirche ist 1910 fertig geworden, zu einer Zeit, als anderswo schon mit Beton und „modernem Bauen“ experimentiert wurde. Das wirkte irgendwie nicht so ganz „richtig“ für mich. Die alte Kathedrale in Wells hatte fast einen moderneren Touch als diese „neue“ hier in Truro.

Altarwand
Altarwand
Chorgestühl
Chorgestühl
Langhaus der Kathedrale
Langhaus der Kathedrale

Nach einer Fährüberfahrt nach Roseland und dort leider stundenlangem, nervigen Suchen nach einem Geldautomaten (hätte man auch in Truro …) landen wir auf  der Trewince Farm, einer noch aktiven Farm mit Campingwiese, wo wir wieder zwei Tage bleiben wollen.

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