Die Eifel … unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2014. Dies sind die Abenteuer von Elke + Ray beim größten antiken Technikbau nördlich der Alpen.
Nein nein, so abenteuerlich war es überhaupt nicht, aber es zog uns an diesem himmelblauen Wochenende ein weiteres Mal nach Nettersheim, wo wir zuletzt im November 2012 waren. Zum Glück ist das „Natuerelebnisdorf Nettersheim“ und sein großartiger Wohnmobilstellplatz zumindest an diesem Wochenende noch nicht völlig überlaufen – wir finden Freitag Abend noch bequem einen Platz, wenn es sich auch insgesamt bis Samstag Abend gut füllt.
Was hier besonders auffällt, ist die Ruhe. Auch hier läuft zwar – ähnlich wie in Heimbach – die Bahnstrecke entlang der Urft, aber die Züge fahren extrem selten und die Schienen liegen ein gutes Stück weiter vom Platz entfernt. Außerdem liegt er am Ortsrand, wo nur selten Autos und gelegentlich Traktoren vorbeikommen. Übrigens der Stellplatz: 8 Euro pauschal für das Parkticket, alles weitere gibt’s kostenlos dazu: Strom, leckeres Eifel-Frischwasser und Entsorgung (ich sehe grade, 2012 hat das Wasser noch 1 Euro gekostet). Herrlich unkompliziert, nur Münzen sollte man reichlich dabei haben.
Gerumpel im Pösslchen um 7:20 Uhr: der Brötchenservice klopft freundlicherweise bei uns Schlafmützen sogar an, statt hupend über den Platz zu brettern. Ray springt in die Hose und kümmert sich, und wir können danach noch eine Runde schlafen, trotz des leckeren Dufts, der uns zum Frühstück lockt. (Erwähnte ich die Ruhe, die einen schlafen läßt wie einen Stein?)
Aber dann ruft uns der güldene Oktober in die Wanderstiefel, wir füllen unsere Flaschen noch mal bei der Frischwasserstelle und machen uns auf die Route „Archäologie entdecken“. Die Gegend wimmelt nämlich von römischen Hinterlassenschaften, Agrippastraße, römische Wasserleitung nach Köln, Kult- und Wohnstätten und und und. Der Rundweg hat 12 Kilometer, was für Rays verstauchten Zeh heute grade so die Maximalreichweite ist. Es geht entlang der Urft, durch Wälder und Felder, und überall hat man pfuschneue Infotafeln und Schilder installiert, so daß man sich auch ohne Karte fast nicht verlaufen könnte. Die archäologischen Objekte sind sehenswert, aber auch ohne sie lohnt der herbstliche Wanderweg, überall blinzelt die Sonne durch das gelbe, zuweilen seltsam gefleckte Laub. Die Bauern mähen noch, der Mais ist noch nicht abgeerntet, aber einige Felder sind schon frisch bestellt mit Grünzeug, das wir nicht einordnen können. Von den Hügeln sieht man Burg Satzvey und die Klinik in Marmagen, alles beinahe in Laufweite um die Ecke. Teils laufen wir auf, teils queren wir alte Römerstraßen, die neuerdings mit einem neuen, ziemlich coolen Logo zum touristischen „Erlebnisraum Römerstaße“ verbunden wurden, zuweilen sieht man dieses Logo an Bäumen (z.B. in Köln an der Luxemburger oder an der B56), zuweilen sehr schick in rostiges Eisen geschnitzt. Gefällt mir!
Abschluß der Wanderung ist das Matronenheiligtum an der Görresburg, das seit 2012 sein Gesicht weiter verändert hat, denn die Ausgrabungen und Rekonstruktionen gehen voran – jetzt gräbt man weiter dahinter eine ganze römische Siedlung, „Marcomagus“ aus. Auch hier wird teilweise symbolisch rekonstruiert, um den Umfang zu verdeutlichen. Ein guter Ort zum Durchatmen. Überhaupt: es windet zum Teil recht stark, aber die Luft ist so mild, daß man es kaum bemerkt. Ich gähne die ganze Zeit, um den ganzen Sauerstoff unterzubringen.
Der Sonntagmorgen ist noch wärmer als der Samstag, und auf der neuen Wanderkarte und im Internet (Telekom-Netz: langsames Edge, Vodafone: 3G top!) haben wir am Vorabend noch einige Kulturdenkmäler entdeckt, die sich zu einem Rundweg vereinen. Wir ziehen auf die andere Seite von Nettersheim Richtung Zingsheim, wo wir auf ein weiteres Matronenheiligtum stoßen, bzw. einen „gallo-römischen Umgangstempel“, wie Wikipedia schreibt.
Zingsheim selbst sparen wir uns und umrunden den Willenberg von der linken Seite, wo es ein weiteres Denkmal, aber aus dem Zweiten Weltkrieg, geben soll, eine Geschützstellung oder ähnliches. Der Ausblick und die Bank unter dem Baum ist großartig, von altem Kriegsgerät ist jedoch für uns nichts zu sehen. Sumpfig ist es, wir verstehen immer besser, warum die Römer hier ihre Wasserleitungen gebaut haben, von vielen Hügeln fließt das Wasser in Strömen, obwohl am Himmel kein Wölkchen ist.
Ein weiteres Highlight erwarten wir vom sog. „Rummerschlegel“, eine geologische Felsformation mit „zinnenartig aufragenden Felsen“. Wir schlendern in aller Ruhe einen Waldrand entlang, und plötzlich sehe ich links im Wald Felsen aufragen. Ein Blick auf die Karte sagt uns: das müssen sie sein! Wir krabbeln durchs Unterholz und knipsen, was das Zeug hält, alles gar nicht so einfach im Zwielicht des Waldes, und wo die Felsen durchweg dunkelgrün bemoost sind. Ein beleuchtetes Stück Stein zu finden, um mal die Steinsorte Dolomit abzubilden … knifflig. Nun gut, zig Fotos später klopfen wir uns die Waldkrümel von den Klamotten und ziehen weiter. Schon komisch, daß das nirgendwo ausgeschildert ist, wenn wir nicht zufällig die Steine da im Wald bemerkt hätten … Etwa 200 Meter weiter steht dann das vermißte Schild „Rummerschlegel“ … und führt uns zu den zinnenartig aufragenden Felsen: ohne Moos, deutlich höher, deutlich weniger Unterholz. Aber wir haben schöne bemooste Steine fotografiert ;-)
Der Rest vom Rundweg führt uns noch gegenüber dem gestrigen Weg die Bahnlinie und die Urft entlang, am Wegesrand noch Schmetterlingsinformationen, Schafe und ein fränkisches Grab. Und: die Mannenberghöhlen liegen noch am Weg, „die größten Höhlen im nordrheinwestfälischen Teil der Eifel.“ Die lassen wir uns doch nicht entgehen! (Wie auffällig sie liegen, kann man daran sehen, daß wir sie gestern auf dem selben Weg in die andere Richtung überhaupt nicht bemerkt hatten) Touristisch erschlossen ist hier also gar nichts. Das GPS zeigt steil den Hang herauf zur ersten Höhle („Betreten auf eigene Gefahr“). Während Ray, der heute auf die festen Wanderstiefel verzichtet, auf die Rucksäcke aufpaßt, kraxele ich den steilen Hang zur ersten Höhle herauf, die natürlich sinnvollerweise vergittert ist, um Elke vor sich selbst und die Fledermäuse vor Elke zu schützen. Aber den Eingang kann man sehen und ein paar Meter bis zum Gitter hineinschauen. Der Versuch, entlang des Hangs noch die zweite Höhle zu finden, schlägt fehl, das müssen wir uns für ein anderes Mal aufheben.
Inzwischen kennen wir die Topographie so gut, daß wir mehreren Leuten unterwegs mit Wegbeschreibungen helfen konnten („wo geht’s zur Görresburg? Geht’s hier zum Grünen Pütz?), und punktgenau landen wir gegen 15 Uhr am Lokal „Freistaat Eifel“, das uns modern-schick schon gestern im Ortszentrum aufgefallen war und mit seiner „weltoffenen Küche“ und heimischen Zutaten ohne Hormone und Antibiotika auf der Tafel wirbt. Obwohl es recht fleischlastig und nicht ganz billig wirkt, machen wir einen Versuch, weil es einfach sehr sympathisch aussieht. Keinen Versuch, uns zu bedienen, macht allerdings der Service, und als es nach mehr als einer Viertelstunde leicht überfordert heißt „ich muß erst abkassieren, was wollen Sie denn, die Küche hat aber schon zu“, hat sich der Fall für unsere hungrigen Mägen erst mal erledigt. Dann muß uns der örtliche Inder eben eine etwas weniger stilvolle Pizza verkaufen.
Leider war’s das dann schon wieder, und um nichts in der Welt hätte ich noch ein strahlendes Wochenende in der Bude hocken wollen. Bahnstreik und Ferienende bescheren uns eine volle bis staulastige A1, die wir deshalb ganz schnell wieder verlassen, und so gondeln wir gemütlich und ganz standesgemäß die römische VIA 56 Richtung Hürth und Köln.