Entlang der Küste zur Cotentin-Halbinsel

Ziemlich genau vor (sage und schreibe!) vier Jahren haben wir am Omaha Beach bzw. in Bayeux die Halbinsel Cotentin gegen die südlichere Atlantikküste eingetauscht: Zu sehr wackelte das Pösslchen im Sturm, zu düster die Aussichten in ganz Nordwesteuropa.

Das wollen wir diesmal nachholen: Nach der ersten Übernachtung am Meer bei Ouistreham ging es weiter die Küste entlang. Das Wetter ungleich wärmer als bei der Anreise, teils über 11° C, dafür sehr nass (aber gut für den Wassertank, es friert nichts mehr ein). Auch wenn man sie nicht sucht, begleiten uns die Ereignisse rund um den D-Day weiterhin noch ein ganzes Stück, auch wenn wir uns eigentlich an Omaha Beach vorbeischleichen wollten. In Arromanches-les-Bains verbringen wir die Mittagszeit – es scheint fast nur aus einem D-Day-Museum zu bestehen und dem Gedenken daran. Hier legten die US-Amerikaner einen künstlichen Hafen an: Betonhohlkörper und verschrottete Schiffe wurden vor der Küste versenkt, und über schwimmende Landungsdecks drei „Fahrbahnen“ an Land geführt. So rollte der Nachschub für die Befreiung Tag und Nacht. Diese riesigen Teile der Landungsbrücken stehen hier überall herum.

In einem „Anders-Reisen“-Reiseführer von 1985 schreibt Jan-Philipp Sendker zu einem anderen D-Day-Ort, am Utah Beach:

Am Strand rostet der vergangene Krieg – Stacheldrahtreste, Eisenstangen, Metallgitter. „Killed in Action“: Die Gedenktafen für die im Kampf getöteten sind überwuchert von Dünengras, die Inschriften kaum noch lesbar. Vielleicht ist eine so dem Verfall preisgegebene Gedenkstätte ehrlicher als alle anderen. Hier wird nicht mit großem Aufwand ein glorioser Mythos errichtet, hier will kein Hauch von Abenteuer und Faszination entstehen, im Gegenteil – der Anblick ist traurig und mies wie der Krieg.

Irgendetwas muss sich in der Hinsicht auf alle Fälle getan haben in den letzten Jahrzehnten (vor allem: 50ster Jahrestag 1994) – oder Jan-Philipp hat damals nicht alles gesehen … Hier ein paar Eindrücke aus St. Mère Èglise, wo vor allem die Luftlandetruppen (Airborne) verehrt werden:

Kirchturm, an dem eine Schaufensterpuppe, kostümiert als Fallschirmspringer, hängt
John Steel

Kirchenfenster, Motiv Fallschirmspringerum eine Madonna mit Kind

Friseursalon „Hairborn“
Wer sich das immer schon mal gefragt hat: nein, keine deutsche Erfindung, das mit den seltsamen Namen für Friseursalons.

Jedenfalls will man anscheinend inzwischen auch eine neue Generation von D-Day Tourismus ansprechen, jenseits der Veteranen: mit Escape Games im deutschen Bunker, nächtlichen Fallschirmspringer-Shows und Panzerfahrten.

Je nun. Von dem ganzen Spektakel ist im Winter fast nichts zu bemerken, und inzwischen haben wir die Ostküste von Cotentin erreicht, die ja erheblich kürzer als die Westküste ist. In Nullkommanix holpert gleitet Pösslchen über Nebensträßchen bis Saint-Vaast-la-Hougue, wo es einen recht geräumigen Stellplatz mit der typischen alten V/E-Säule, theoretisch auch Strom am Platz, aber nicht im Winter, für 9 Euro gibt – der Rest des Ortes gibt sich streng in Sachen Freistehen. Dafür gibt’s den Blick auf die spektakulär im Meer gelegene Vauban-Festung. Das Wetter ist solala – immer noch warm und nass, aber die Luft tut gut. Es reicht für einen 10.000-Schritte-Spaziergang zwischen den Regenschauen entlang der Festungsmauer und am nächsten Tag für Hafen, Mole und Leuchtturm – bei wunderbarem Licht und Regenbögen. Und sogar ein Brocante hat am zweiten Weihnachtstag für mich aufgemacht … also alles gut!

Morgen endlich nach Gatteville-le-Phare!

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