Normandie im August? So lautete die Frage, und es fing ja durchaus holprig an mit überfüllten Plätzen an den beliebteren Orten des Cotentin. Aber uns zieht es von jeher ja eher in die ruhigen Ecken, und die haben wir – immer der Nase nach – die letzten Tage doch sehr genossen. Es zeigte sich wieder, um wie viel mobiler und doch entspannter wir mit den E-Bikes sind, auch wenn man etwas stromabhängiger wird. Länger am Ort, weniger Autofahrten, mehr Bewegung, viel größerer Radius für die „kleinen“ Dinge in der Umgebung.
Rund um Vicq bzw. Cosqueville, wo wir ein paar Tage in Pascals kleinem Strandparadies blieben, grasten wir die unmittelbare Umgebung ab – der Leuchtturm von Gatteville und auch Barfleur wären noch in bequemer Fahrrad-Reichweite, wir nahmen uns jedoch die umliegenden „unspektakulären“ Ziele vor, die kleinen Dorfkirchen, Menhire auf Kuhweiden, Viadukte, Mühlen, Leuchttürme, Forts, zerstörte Bunkeranlagen aus dem zweiten Weltkrieg … eingebettet in eine Kulturlandschaft und stetigen Wechsel zwischen Ebbe und Flut an der steinigen Küste. Und BROMBEEREN! Und HORTENSIEN! Erstaunlicher- und erfreulicherweise verteilen sich die Menschen von den überfüllten Campingplätzen dann doch irgendwo in der Gegend, denn selbst an den feinsten kleinen Stränden bei Sonnenschein bleibt es bei weitläufig verteilten Handtuchtupfern im Sand. Vielleicht geht es doch schon zum Ende der Saison.
Wir bleiben bei der Methode: ganz gemütlich an der Küste weiterziehen, nächster Stopp ist das hinter Cherbourg gelegene Omonville la Rogue, wo die winzige Épicerie mit morgendlichem Brotverkauf am Camping Municipal durch ein EU-Regionalprojekt gefördert wurde. WAS HAT DIE EU JEMALS FÜR UNS GETAN??!!11elf
Von hier aus ist es nur noch ein Katzensprung zum Cap Hague, aber die Küste dazwischen ist ein Traum. Im Spätnachmittagslicht kommen wir gar nicht ans Radfahren, weil man immer wieder anhalten und schauen möchte. Nach einem Abstecher in den zauberhaften Jardin en Hommage à Jacques Prevert, wo Angehörige und dem Dichter nahestehende Menschen ein botanisches und poetisches Refugium geschaffen haben, wo man sich auch eine ganze Weile verlieren kann. Schon beim Eintreten atmet man ganz anders und kommt komplett erholt wieder heraus.
Spätestens am nächsten Tag, bei einem erneuten Besuch von Cap Hague glauben wir komplett windzerzaust zu sein. Meterhohe Wellen, und der Blick auf die Kanalinsel Alderney, der uns beim letzten Mal glatt entgangen ist.
Von hier wechseln wir an die bisher für uns noch unbekannte Westküste des Cotentin und landen in Vauville … an einem typischen Surf- und Paragliding-Spot am (bei Ebbe) kilometerlangen Strand. Der dazu passende Campingplatz direkt hinter den Dünen, Tag und Nacht das Meeresrauschen im Ohr. Ein langer Spaziergang auf den Hügel, Startplatz der Paraglider und Heimat einer „Allée couverte“, einem gut erhaltenen, tunnelartigen prähistorischen Dolmen.
(Der Morgen danach erzählt uns was von wegen „windzerzaust“! Bei Geschwindigkeitem von 60 km/h und mehr wackelt Pösslchen zwar nur wenig, aber die Zelte um uns herum hatten eine lange Nacht. Dem Wetterbericht entsprechend bauen viele dann auch ab und der gestern noch gut gefüllte Platz leert sich innerhalb von wenigen Stunden deutlich … Paragliding und andere Windsportarten sollten für die nächsten zwei Tage auch erst mal durch sein. Wir entscheiden, wie gepant hierzubleiben und keinen Diesel zu verbrennen, nur um den Sturm woanders zu erleben. Das aufgepeitschte Meer, die klackernden Riesenkiesel am Strand und die kreischenden Möwen sind Unterhaltung genug.)